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Wir riskieren den Niedergang der kulturellen Substanz unseres Landes

Rede von Lukrezia Jochimsen,

„Wollte man bestimmen, was Europa von anderen Weltregionen unterscheidet, so ist es sein Ursprung: die Stadt. Die europäische Kultur ist eine Kultur der Städte, des urbanen Lebens und immer wieder des demokratischen Gemeinwesens.“

So beginnt eine Resolution der 19 nordrheinwestfälischen Theaterintendanten zwischen Aachen und Wuppertal, Bielefeld und Paderborn, die auf die derzeitige Situation der so unterschiedlichen großen und kleinen Bühnen aufmerksam machen soll.
Die derzeitige Situation, das weiß man inzwischen überall in NRW und auch außerhalb heißt: AKUTE BEDROHUNG der Theaterlandschaft und SCHRITTWEISE ZERSTÖRUNG der Städte in ihrer Substanz und damit eine nicht zu unterschätzende BEDROHUNG DER DEMOKRATIE.

Was ist neu an dieser Situation?
Nach Ansicht aller NRW-Theater-Intendanten:
„Neu an der aktuellen Situation ist, dass die Konfliktlinien nicht mehr zwischen Theaterleitungen und städtischen Verwaltungen laufen. Auch das wechselseitige Aufrechnen der Förderung von Stadttheatern, Festivalstrukturen und freier Theaterszene wird damit obsolet. Vor dem Hintergrund der desaströsen Finanzsituation der meisten Städte bleibt der Kommunalpolitik kein Handlungsspielraum. Vom Gesetzgeber eingestuft als „freiwillige Leistung“, bleiben die Ausgaben für kulturelle Einrichtungen oft der einzige Haushaltsbereich, in dem Einsparungen angeblich überhaupt noch möglich seien. Dass dies keine kurzfristige, bald überwindbare Krise ist, sondern der Kollaps des Systems öffentlicher Haushalte bevorstehe, belegen die Szenarien der Experten.“

Genau deswegen fordert die Fraktion DIE LINKE die Bundesregierung auf, ein „Soforthilfeprogramm Kultur zum Erhalt der kulturellen Infrastruktur“ zu entwickeln.
Wir haben das im einzelnen immer wieder begründet.
Im Kulturausschuss, in der 1. Lesung im Parlament und können es heute nur wiederholen:

- Kultur ist das Fundament unserer Gesellschaft als demokratisches Gemeinwesen. Es ist Aufgabe der Politik, dieses Fundament zu sichern und zu stärken.

- Die Auswirkungen der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise bedrohen auch und gerade die Kulturstrukturen.

- Es ist höchste Zeit umzusteuern und Maßnahmen zur finanziellen Stärkung von Ländern und Kommunen zum Erhalt der kulturellen Infrastruktur in der Krisensituation zu ergreifen.

- Kurzfristig geht es vor allem darum, einen kulturellen Kahlschlag in den Städten und Gemeinden in der aktuellen Haushaltslage zu verhindern.

Das ist eine nationale Aufgabe, eine Pflicht des Bundes.
Die Theaterleute schreiben:
„Theater muss nicht sein. Es geht auch ohne. Aber wie?“
Man könnte ergänzen: Museen müssen nicht sein und es geht auch ohne Bibliotheken, Orchester, Musikschulen, Kultureinrichtungen aller Art… Aber wie?
Verödet, verwahrlost, verroht wären die Städte, ob groß oder klein.
Geschlossen ist schnell, wieder aufgemacht wird so gut wie nie mehr.

Im Artikel 104 GG heißt es klipp und klar:
„der Bund kann im Fall von außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, auch ohne Gesetzgebungsbefugnisse Finanzhilfen gewähren.“

Diese Situation ist durch die Wirtschafts- und Finanzkrise sowie die Steuerpolitik der vergangenen Bundesregierungen eingetreten.
Hier gilt es Abhilfe zu schaffen.
Wer diese Hilfe unterlässt, macht sich schuldig am Niedergang der traditionellen kulturellen Substanz unseres Landes.