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Wir brauchen vernünftige Maßstäbe bei der Managervergütung

Rede von Barbara Höll,

Vizepräsidentin Petra Pau:

 

Das Wort hat die Kollegin Dr. Barbara Höll für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

 

Dr. Barbara Höll (DIE LINKE):

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kein Topmanager ist das 300- oder 400-Fache eines einfachen Angestellten wert …

Das sagte der Präsident des Verbandes Die Familienunternehmer im letzten Jahr. Ich sage: Jawohl, er hat recht. Auch wenn der Vorstand eines DAX-Unternehmens im Durchschnitt – so war es im vergangenen Jahr – etwa das 54-Fache seiner Angestellten erhält, ist das viel zu viel. Das ist eben nicht durch Leistung zu erklären. Die Durchschnittsvergütung der Vorstände der DAX-Unternehmen lag 2012 bei 5,33 Millionen Euro; das sind 3 Prozent mehr als im Vorjahr. Diese völlig überdrehten Managergehälter untergraben unser Sozialsystem und das Leistungsprinzip; das liegt auf der Hand. Es ist überfällig, dass wir hier im Haus jetzt endlich ernsthaft und mit Gestaltungswillen darüber diskutieren.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Martin Winterkorn verdiente 2012 bei VW 14,5 Millionen Euro. Dieter Zetsche von Daimler verdiente

8,2 Millionen Euro. 2011 verdiente Peter Löscher bei Siemens 9,8 Millionen Euro – eine Steigerung im Vergleich zu 2007, innerhalb von vier Jahren, um immerhin 67 Prozent. Ich kann mir nicht vorstellen, dass einer der Angestellten von Siemens in diesen vier Jahren eine solche Lohnsteigerung zu verzeichnen hatte.

Ich frage mich wirklich, wie Sie einer Krankenschwester, die, wenn es hochkommt, jährlich 40 000 Euro brutto verdient, Managergehälter in dieser Größenordnung erklären wollen; denn durch Leistung sind sie nicht zu erklären. Sie sind auch nicht durch Bildung, Qualität der Arbeit oder Verantwortung zu erklären. Ich glaube schon, dass die Menschen aufhorchen, wenn sie mitbekommen, dass jede Krankenschwester, jeder Hartz-IV-Empfänger und sogar jedes Kind diese Managervergütungen letztendlich mitfinanzieren; denn sie alle zahlen Steuern: Lohnsteuer, Mehrwertsteuer; die Windeln für ein Baby kosten Geld, auch darauf wird Mehrwertsteuer erhoben. Die Absetzbarkeit der Managergehälter von den Betriebsausgaben schmälert unser Gesamtsteueraufkommen. Deshalb ist die Höhe der Managergehälter einfach nicht zu erklären. Sie ist grob ungerecht.

 

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

 

Lassen Sie mich kurz einen Blick in die Geschichte werfen. Das Problem steigender Managergehälter, das in

den letzten Jahr zusätzlich an Fahrt gewonnen hat, gibt es seit den 70er-Jahren, als die Firma Xerox das Benchmarking – vergleichende Analyse von Ergebnissen mit festgelegtem Bezugswert – eingeführt hat. Die Bezüge richten sich also nicht nach dem Betriebsergebnis, sondern die Bezüge werden im Vergleich zu anderen Unternehmen festgelegt. Das heißt, die Vergütung kann sich immer aufschaukeln: In einem Unternehmen steigen die Gehälter, dann müssen sie auch im nächsten steigen. Wir befinden uns in einer tollen Spirale nach oben. Welche Geschwindigkeit das erhalten hat, haben wir in den letzten zehn Jahren gesehen.

Ihr Kabinettsentwurf zur Begrenzung der Managergehälter ist die pure Augenwischerei. Es wird sich überhaupt nichts ändern, wenn Sie nur den § 120 des Aktiengesetzes neu fassen und festlegen, dass die Hauptversammlung entscheidet. Ja, Gott, wer sitzt denn in der Hauptversammlung? Da sind Großaktionäre, Banken und Fonds mit Stimmrechten,

 

(Dr. Daniel Volk [FDP]: Eigentümer! – Andrea

Astrid Voßhoff [CDU/CSU]: Eigentümer!)

 

Die kleinen Aktionäre sind nur das Nebenprogramm. Ich zitiere aus einem Artikel von Heribert Prantl aus der Süddeutschen Zeitung.

 

Es steht schon in der Bibel: Man kann nicht den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Man wird an einer gesetzlichen Begrenzung der Managergehälter nicht vorbeikommen.

 

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten

der SPD)

 

Daran werden wir nicht vorbeikommen, wenn wir etwas ändern wollen, aber Sie wollen nichts ändern. Die Abzugsfähigkeit muss begrenzt werden. Wir haben das bereits im vergangenen Jahr in einem Antrag gefordert. Sie kommen dann immer mit Vertragsfreiheit und verweisen auf die Eigentümer. Vertragsfreiheit ist keine Freiheit zur Tollerei, und wir haben im Steuerrecht durchaus Deckelungen. Es geht hier nicht um eine völlige Streichung, es geht um eine Deckelung. Die Abzugsfähigkeit von Dienstwagen, Geschenken und Bewirtung, im Körperschaftsteuerrecht die Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen – wir haben überall Deckelungen. Nehmen Sie sich ein Beispiel an den USA. Dort ist die Abzugsfähigkeit der Managergehälter bei den Betriebsausgaben auf 1 Million US-Dollar gedeckelt. Sie können von Ihrem großen Bruder etwas lernen.

 

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

 

Wir brauchen unmittelbar eine Deckelung. Wir müssen eine grundlegende Diskussion führen. Wie Herr Poß schon sagte: Wir müssen eine Verhältnismäßigkeit herstellen zwischen dem, was die Spitzenleute verdienen, und dem, was ihre Angestellten verdienen.

 

Vizepräsidentin Petra Pau:

Frau Kollegin Höll.

 

Dr. Barbara Höll (DIE LINKE):

Auf diesem Weg werden wir garantiert weitermachen. Das ist ein kleiner Beitrag für mehr Glück in der Gesellschaft; denn der Glücksgrad steigt laut soziologischer Untersuchung, wenn die Einkommensunterschiede nicht so exorbitant groß sind wie jetzt in der Bundesrepublik. Danke.

 

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg.

Joachim Poß [SPD])