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Von der Bundesregierung unterstützte EU-Freihandelsabkommen verhindern die gemeinschaftliche wirtschaftliche Entwicklung Lateinamerikas

Rede von Monika Knoche,

Frau Präsidentin!

Herr Lothar Mark, ich bedauere sehr, dass Sie nicht noch einmal den Weg ins Parlament gewählt haben; denn Sie sind - das darf ich auch für die anderen Fraktionen sagen - ein ausgezeichneter Vertreter nicht nur der deutschen Interessen in Lateinamerika, sondern auch der lateinamerikanischen Interessen in Deutschland.

(Beifall bei der LINKEN, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

An dem Bericht und der Beschlussempfehlung, die wir heute diskutieren, ist mir aufgefallen, dass bestimmte, ganz wichtige Länder gar nicht genannt sind. Dazu möchte ich Venezuela, Bolivien, Ecuador und vielleicht auch Paraguay zählen, Länder, in denen sich durch demokratische Wahlen und verfassungsgebende Prozesse, an denen die Bevölkerung teilgenommen hat, hervorragende Entwicklungen vollzogen haben. In einer beispielhaften Weise sind neue Regierungen an die Macht gekommen, die sich zum Ziel gesetzt haben - ich nenne das Beispiel Bolivien -, endlich die Rechte der indigenen Bevölkerung zu wahren, zu sichern und auszubauen und dieser Bevölkerung die Macht in der Regierung zu geben.

(Beifall bei der LINKEN)

Mein Gespräch, das ich gerade mit dem bolivianischen Botschafter geführt habe, hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, dass wir darauf achten, dass diese Länder ihre eigenen Entwicklungspotenziale nutzen können und nicht durch Freihandelsabkommen, von denen das letzte ohnehin gescheitert ist, daran gehindert werden, eigene Produktlinien zu entwickeln, die es ihnen ermöglichen, eine unabhängige Wirtschaft aufzubauen. In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass das internationale Verbot, Kokapflanzen anzubauen, diesem Land ganz schweren Schaden zufügt. Sonst könnte das Land eine Nutzpflanze entwickeln, die ihm zu wirtschaftlicher Prosperität verhelfen würde.

Über eine solche Veränderung der Politik muss Deutschland dringend nachdenken, gerade auch im Hinblick auf Europa.
Ich kann diesem Antrag überhaupt nicht folgen. Man setzt auf bilaterale Verträge und erkennt die neue wirtschaftliche Realität nicht an. Gewollt wird eben keine marktradikale, keine neoliberale Ordnung; vielmehr will man eine Gesellschaft aufbauen, die über das, was wir als soziale Marktwirtschaft kennen, hinausgeht.

Das ist eine Demokratie, die es zu unterstützen gilt. Deshalb wundert es mich sehr, dass Sie die Länder in Lateinamerika, die diesen demokratischen Weg gehen, hier mit keinem Wort erwähnen.
Ganz wichtig ist mir auch das Thema Klimawandel; Sie haben es angesprochen. In Ecuador gibt es ein sehr unterstützenswertes Projekt, den Regenwald nicht auszubeuten und die Ölvorkommen nicht zu nutzen. Die europäische Seite sollte es unterstützen. Wir sollten unser Know-how dafür zur Verfügung stellen, dass diese Länder nicht den falschen Weg gehen, die Ressourcen auszubeuten. Die neue Regierung dort orientiert sich am Ziel einer nachhaltigen Wirtschaft. Wir müssen sie dringend unterstützen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte auch auf die neue Agentur IRENA hinweisen. Sie fördert solche Maßnahmen. Diese Agentur ist von unserem Abgeordnetenkollegen Hermann Scheer maßgeblich mit ins Leben gerufen worden. Die Unterstützung dieser Agentur ist eine wichtige Hilfe, die wir im Rahmen von Kooperation, von Entwicklungszusammenarbeit geben können.

Eines zum Schluss - die Zeit rast -: Angesichts der katastrophalen Entwicklungen im Bereich der Bekämpfung der Drogenkriminalität in Mexiko sind Deutschland und andere europäische Länder als die Konsumenten der illegalisierten Drogen dringend aufgefordert, einmal gründlich darüber nachzudenken, wie viel Elend, Leid, Gewalt und Tod der Krieg gegen Drogen in Lateinamerika gebracht hat.

Ich vertrete hier die Auffassung: Wir müssen im nächsten Deutschen Bundestag dringend eine Enquete-Kommission zur Drogenpolitik mit Blick auf das Problem der Prohibition einrichten. Dieses Netz von Gewalt, Korruption und Menschenrechtsverletzungen, das sich im Zuge des sogenannten Krieges gegen Drogen - ich verweise auf den „Plan Columbia“ in Kolumbien - entwickelt, ist mit einer Politik der Menschenrechte und der Achtung der indigenen Bevölkerung nicht mehr in Einklang zu bringen.
Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)