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Unzureichende Vorschläge zur Regulierung des Finanzmarktes

Rede von Barbara Höll,

Dr. Barbara Höll (DIE LINKE):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 2008 begann die weltweite Finanzkrise, vor zwei Jahren die Krise des Euro-Raums. Seitdem gibt es zumindest ein politisches Umdenken dahin gehend, dass die Finanzmärkte reguliert werden müssen. Aber die Umsetzung erfolgt sehr schleppend. 2009, also vor vier Jahren, wurde in Pittsburgh von den G-20-Staaten eine Reihe von Beschlüssen gefasst. Sie sind immer noch nicht in Gänze in Kraft.

Wir beraten hier heute drei Gesetzentwürfe; auf diese möchte ich mich konzentrieren.

Erstens geht es um das CRD IV-Umsetzungsgesetz. Ich versuche, es einfach auszudrücken: Es geht darum, Eigenkapitalanforderungen, Liquiditätsstandards und Maßgaben zur Unternehmensführung einfachgesetzlich zu verankern, Stichwort Basel III. Da ich hier nicht den gesamten Gesetzentwurf bewerten kann, möchte ich zwei Punkte herausgreifen.

Erstens: die Eigenkapitalvorschriften. Prinzipiell ist die Heraufsetzung der Eigenkapitalquote im Verhältnis zu dem Kreditvolumen, mit dem die Bank arbeitet, richtig. Aber es stellt sich natürlich die Frage, ob die vorgeschlagenen Eigenkapitalanforderungen, die für die verschiedenen Bereiche unterschiedlich sind, ausreichen, um Kredite ausreichend abzusichern. Darauf die klare Antwort: nein.

Nehmen Sie das Beispiel der Verbriefungen; das ist eine besondere Form von Wertpapieren. Hier wird jetzt eine Eigenkapitalquote von 5 Prozent verlangt. Die Organisation Finance Watch, ein gemeinnütziger Verein, der das Ziel hat, das Finanzgewerbe zum Wohle der Gesellschaft zu beeinflussen, sagt: Wenn das verfolgte Ziel erreicht werden soll, muss die Quote bei 20 bis 25 Prozent liegen. ‑ Davon sind wir meilenweit entfernt. Aber nur bei einer solch hohen Quote würde wirklich kein Anreiz mehr bestehen, locker-fröhlich mit Verbriefungen zu spekulieren.

Zweitens: die Fremdverschuldungsquote; man kann sie auch als Schuldenbremse für die Banken bezeichnen. Verbindliche Pflichten sollen erst ab 2018 gelten, also erst in fünf Jahren, neun Jahre nach dem Gipfel in Pittsburgh. Warum so spät? Das ist doch eine Frage, die sich stellt. Bis dahin soll es nur eine Begrenzung der Bilanzsumme im Verhältnis zum Kernkapital und Offenlegungspflichten geben. Das ist einfach zu wenig.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert eine verbindliche Quote in Höhe von 3 Prozent für alle. Das halten wir für nicht zielführend, nicht deshalb, weil wir die 3 Prozent ablehnen, sondern weil wir eine Gleichbehandlung der verschiedenen Institute für nicht richtig halten.

Lassen Sie mich an dieser Stelle hervorheben, dass wir froh sind, dass der besonderen Rolle der Sparkassen und Genossenschaftsbanken ‑ dieses Anliegen haben wir Linke im Finanzausschuss als Erste thematisiert ‑ in einem Mindestmaß Rechnung getragen wurde; denn genau diese Kreditinstitute zählten nicht zu den Verursachern der Finanzkrise.

(Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU): Sehr richtig! Endlich sagt sie mal was Richtiges!)

Insgesamt sage ich zur Umsetzung von Basel III: Die Richtung stimmt, die Umsetzung ist zu zögerlich und nicht ausreichend, und deshalb werden wir uns enthalten.

Zum zweiten Gesetz, zum AIFM-Umsetzungsgesetz und zum AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz. Hier muss man wirklich grundsätzliche Fragen stellen. Es geht um die Regulierung von Fonds, die bisher noch nicht reguliert waren ‑ so weit, so gut. Da diese Fonds aber kein wirtschaftliches Eigenleben haben, erfolgt die Regulierung nur bei denen, die die Fonds verwalten, die Manager, also bei denen, die das Geld eingesammelt haben und dann dafür zuständig sind. Aber lassen Sie uns doch einmal die Frage stellen: Wozu braucht man diese Fonds überhaupt? Der Nachweis, dass man sie braucht, ist überhaupt noch nicht erbracht worden. Da Herr Sänger gerade davon gesprochen hat, dass es sich dabei um Vehikel handelt ‑ für mich ist ein Fahrrad, das ich als Vehikel bezeichne, schon kurz davor, nicht mehr fahren zu können ‑, muss erst einmal der Nachweis erbracht werden, warum es immer heißt: Die Finanzwelt muss sich entwickeln können.

(Antje Tillmann (CDU/CSU): Das erkläre ich Ihnen gleich!)

Sie soll ihre Kernaufgaben erfüllen. Das ist der Dreh- und Angelpunkt.

Außerdem gibt es eine Minimumregelung, die besagt, dass gewisse Vorschriften und Registrierungspflichten eingehalten werden müssen. Aber sie gilt nur dann, wenn das Fondsvermögen 100 Millionen Euro nicht übersteigt. Dazu haben Sachverständige in der Anhörung gesagt: Damit wird der Großteil der Fonds überhaupt nicht erfasst.

Letzte Bemerkung. Sie führen eine völlig neue Rechtsform ein: die Investmentkommanditgesellschaft. Hierzu muss ich klipp und klar sagen: Das ist für international tätige Konzerne eine spezielle Form, Steuern sparen zu können. Denn für sie ist das nur dann attraktiver, wenn sie die betriebliche Altersvorsorge in Deutschland zentral verwalten ‑

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.

Dr. Barbara Höll (DIE LINKE):

‑ und die Vorteile der zwei Rechtsformen Kapital- und Personengesellschaft nutzen können. Um das zu ermöglichen, führen Sie diese neue Rechtsform ein.

(Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU): Falsch!)

Wir werden diese beiden Gesetzentwürfe ablehnen.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Lothar Binding (Heidelberg) (SPD))