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True Crime im Bundestag

Rede von Heidi Reichinnek,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir eine Vorbemerkung: Das hat mein Bundesland nicht verdient.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Sandra Bubendorfer-Licht [FDP])

Aber kommen wir zum Thema. Sie alle kennen doch bestimmt diese True Crime Podcasts, oder? Ich dachte mir: Diese späte Stunde ist perfekt dafür. Bringen wir also einen besonders spannenden Fall hier ins Plenum. Aber zuerst eine kleine Triggerwarnung: Für Menschen mit Demokratieverständnis könnten die nachfolgenden Inhalte verstörend sein.

(Heiterkeit der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])

Heute geht es darum, dass ein ganzer Wahlkreis aus Ostdeutschland verschwinden soll und Bayern dafür einen hinzugewinnt. So befremdlich das zunächst klingt, so richtig ist das – theoretisch. Als Abgeordnete sollten wir alle annähernd gleich viele Bürger/-innen vertreten. Und ja, in Bayern wohnen jetzt mehr Menschen und in Sachsen-Anhalt weniger. Da ich in Sachsen-Anhalt geboren und aufgewachsen bin, sage ich Ihnen ganz klar: Das liegt nicht am schönsten Bundesland und nicht an den tollen Menschen, sondern das liegt an der katastrophalen Ostpolitik der letzten Regierungen. Aber das ist eine andere Frage.

(Beifall bei der LINKEN)

Sachsen-Anhalt verliert also Einwohner/-innen, und deswegen wird jetzt ein Wahlkreis gestrichen. Da macht es natürlich Sinn, den zu streichen, bei dem sich am meisten geändert hat, aus dem also viele Menschen weggezogen sind. Aber Moment! Seltsam: Der Wahlkreis Anhalt, um den es geht, hat tatsächlich die geringsten Wegzüge zu verzeichnen.

Sicherlich gibt es für diese paradoxe Entscheidung eine gute Grundlage, richtig? Falsch! Grundlage ist der Vorschlag der Wahlkreiskommission von 2022. Der entstand aber auf Basis der Annahme, dass es insgesamt 19 Wahlkreise weniger geben sollte, um den Bundestag zu verkleinern. Diese Idee hat die Ampel vor einigen Monaten mit ihrer katastrophalen Reform beerdigt. Allein damit erübrigt sich also dieser Vorschlag.

Wenn jetzt also die Grundlage entfällt, dann hat das Innenministerium die Wahlkreiskommission doch sicherlich um einen erneuten Bericht gebeten, richtig? Falsch! Hätte das BMI das aber getan, dann wäre klar, dass eigentlich ein anderer Wahlkreis angefasst werden müsste. Bleibt also die Frage des Motivs. Desinteresse, Faulheit, Kalkül? 2005 hatte im Wahlkreis Anhalt die SPD das Direktmandat gewonnen, 2009 mein Kollege Jan Korte, Linke. Danach gewann die CDU, und bei der letzten Wahl ganz knapp die gesichert rechtsextreme AfD.

(Stephan Brandner [AfD]: Sie sind wohl neidisch!)

Ein Kopf-an-Kopf-Rennen also, ein unkalkulierbarer Wahlkreis. Liegen also politische Gründe für die Streichung dieses Wahlkreises vor?

(Sebastian Hartmann [SPD]: Unabhängige Wahlkreiskommission! Einfach mal nachlesen!)

Wir werden das im weiteren Verfahren gründlich beleuchten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)