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Troy Davis begnadigen - Wir brauchen den Kampf um die sozialen Rechte weltweit

Rede von Heike Hänsel,

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich möchte aus aktuellem Anlass hier erst einmal meinen Protest äußern. Ich komme gerade von einer Demonstration am Brandenburger Tor, wo sich viele Menschen versammelt haben, die gegen die anstehende Hinrichtung von Troy Davis demonstrieren. Dieser US-Amerikaner wird, wenn nichts mehr passiert, in wenigen Stunden, um 1 Uhr unserer Zeit, mit einer Giftspritze hingerichtet werden. Ich finde es einen Skandal, dass es dazu vom Bundestag leider keinen Protest gab.

Ich frage auch die Bundesregierung, was sie gemacht hat, um sich für das Leben von Troy Davis einzusetzen. Ich fordere für unsere Fraktion die sofortige Aussetzung der Hinrichtung und die Begnadigung von Troy Davis.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Für uns ist die Todesstrafe inakzeptabel, egal in welchem Land. Sie ist für uns staatlicher Mord. Wenn wir hier von Menschenrechten sprechen, es war gerade viel von Menschenrechten die Rede , dann ist es unsere Aufgabe als Bundestag, ein starkes Signal zu geben und uns dafür einzusetzen, dass diese Hinrichtung nicht stattfindet. Der Antrag unserer Fraktion, in dem wir die Aussetzung der Hinrichtung und die Begnadigung von Troy Davis gefordert haben, ist leider von allen anderen Fraktionen abgelehnt worden.

(Sevim Dağdelen (DIE LINKE): Pfui! Schämen Sie sich!)

Weil nur noch wenige Stunden bleiben und momentan viele Menschen in vielen Ländern weltweit auf die Straße gehen, um ein letztes Signal gegen die Hinrichtung zu setzen, möchte ich aus diesem aktuellen Anlass auch vom Bundestag ein Signal aussenden: Wir fordern die Begnadigung und Freilassung von Troy Davis, der seit mehr als 20 Jahren unschuldig im Gefängnis sitzt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD Manfred Grund (CDU/CSU): Woher wissen Sie das denn?)

Auch Amnesty International hat den Prozess kritisiert.

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:

Ich bitte Sie aber, jetzt zum Tagesordnungspunkt zu sprechen.

Herr Präsident, ich denke, Menschenrechte müssen im Bundestag einen breiten Raum einnehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme jetzt zum Weltmädchentag.

(Manfred Grund (CDU/CSU): Ach ja!)

Prinzipiell unterstützen wir eine solche Initiative. Ich muss dazusagen: Es wurde von keiner Fraktion erwähnt, dass wir nicht angesprochen wurden, an diesem Antrag mitzuarbeiten. Wir halten auch das für ein völlig undemokratisches Vorgehen. Ich finde, es ist kein Aushängeschild für die Grünen und die SPD, dass sie ständig bei einer solchen Ausgrenzung mitmachen.

(Christian Lange (Backnang) (SPD): So schlimm ist das nicht!)

Das ist der erste Punkt.

Zweitens. Wir unterstützen im Prinzip die Initiative für einen Weltmädchentag, aber es steht auch sehr viel Symbolpolitik dahinter. Ich finde diese Kritik berechtigt.

Wir haben zum Beispiel heute den Internationalen Tag des Friedens, den Weltfriedenstag der Vereinten Nationen. Wer hat ihn erwähnt, oder wer hat irgendeine Initiative entwickelt? Das heißt, es handelt sich um Symbolpolitik, wenn Politik nicht konkret gestaltet wird, um die Rechte von Mädchen durchzusetzen. Das sind grundlegende Menschenrechte.

(Helga Daub (FDP): Zum Weltmädchentag!)

An diesem Antrag kritisieren wir genau das, was auch Sie, Frau Roth und Frau Daub, gemacht haben: Sie heben sehr stark auf die kulturellen und religiösen Traditionen ab, die zur Verletzung von Mädchen- und Frauenrechten führen. Das stimmt, aber der zugrunde liegende Hauptfaktor ist die extreme Armut.

(Karin Roth (Esslingen) (SPD): Habe ich gesagt!)

Meinen Sie allen Ernstes, Eltern verkaufen gerne ihre Kinder? Die extreme Armut zwingt sie dazu. Deswegen müssen wir eine Politik entwickeln, die Armut bekämpft, statt noch mehr Armut zu produzieren.

(Beifall bei der LINKEN)
Für uns sind die sozialen Rechte und ihre Durchsetzung elementar, weil sie den Zugang zu Bildung und Gesundheit ermöglichen und dadurch viele progressive Prozesse entstehen, die zur Aufklärung und Emanzipation führen. Diese sozialen Rechte können nur dann umgesetzt werden, wenn es zum Beispiel soziale Sicherungssysteme gibt, sowohl in den Entwicklungsländern als auch in Europa.

Um diesen Kampf geht es. Wir brauchen den Kampf um die sozialen Rechte weltweit. Sie sind der beste Beitrag zur Umsetzung von Frauen- und Mädchenrechten.

(Beifall bei der LINKEN)