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Terroristische Gefahren bekämpfen heißt potentielle Opfer schützen

von Martina Renner,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Der Antrag der CDU/CSU steht sinnbildlich für alle Grundfehler in der Terrorismusbekämpfung. Der Titel legt nahe: Es geht um Terrorismus. Dann liest man die Begründung und muss sehen – und versteht es nicht –, dass es Ihnen tatsächlich ausschließlich um islamistischen Terrorismus geht und um die Ausweitung der Befugnisse für Polizei und Geheimdienste, Befugnisse, die tief in Grund- und Bürgerrechte eingreifen. Dabei wurde zigfach bewiesen, dass weder der NSU-Terror noch der Anschlag auf den Breitscheidplatz durch mehr Befugnisse der Polizei oder der Geheimdienste hätten verhindert werden können. Wenn Sie mir nicht glauben, lesen Sie die Abschlussberichte der jeweiligen Untersuchungsausschüsse!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Alexander Throm [CDU/CSU]: Ich war auch im Ausschuss!)

Wir haben an einem Punkt gar keinen Dissens: Das entschiedene Vorgehen gegen Terroristen ist entscheidend. Aber notwendig für dieses entschiedene Vorgehen ist, die terroristische Gefahr zu erkennen und klar zu benennen. Genau das passiert in Ihrem Antrag aber überhaupt nicht. Denn Sie können sich Terroristen offenbar nur als islamistische Gefährder vorstellen. Aber die Realität in diesem Land, die Gefahren sind andere.

Der schwerste Anschlag in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, das war der rechte Anschlag auf das Oktoberfest. Und noch immer werden viele rechte Taten von Behörden nicht als rechts, nicht als rassistisch erkannt, und es wird auch nicht begriffen, dass sie einen terroristischen Charakter haben. Ich spreche zum Beispiel von Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte, wo Menschen um ihr Leib und Leben fürchten müssen.

Ich möchte zuletzt auf einen weiteren Punkt eingehen. Terroranschläge werden nicht allein durch rechtzeitige Gefahrenabwehr verhindert; das ist richtig. Aber – und das trifft besonders für rechtsterroristische Attacken zu – wie schützen wir deren Opfer? Ich glaube, es ist wichtig, ganz deutlich zu sagen: Potenzielle Opfer rechter und rassistischer Gewalt werden dadurch geschützt, indem sie nicht stigmatisiert und zu relevanten Anschlagszielen erklärt werden. Der Attentäter von Hanau, er hätte diese Shishabar nicht ausgesucht, wenn solche Orte nicht durch Politik und Medien zu Symbolen von Gefahren, von vermeintlicher Clankriminalität und anderem gemacht worden wären.

In der Überschrift Ihres Antrags heißt es: „Zum Schutz unserer Bevölkerung …“. Die Opfer des Hanauer Anschlages und die Millionen Kinder und Enkel der Migrantinnen und Migranten in diesem Land, sie scheinen Sie nicht zu meinen mit „unserer Bevölkerung“, sonst wäre Ihnen beim Schreiben Ihres Antrags

(Widerspruch bei der CDU/CSU – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Eijeijei!)

– suchen Sie einen Satz zu Rechtsterror, der in diesem Antrag steht – Ihr Schweigen zum rechten Terror aufgefallen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)