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Susanne Ferschl: Sachgrundlose Befristungen abschaffen statt nur beschränken!

Rede von Susanne Ferschl,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher auf den Tribünen! Die Fraktion Die Linke hat das Thema der sachgrundlosen Befristung in der Vergangenheit schon mehrmals auf die Tagesordnung gesetzt.

(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Ja, siebenmal!)

Warum? Die Antwort ist ganz einfach: Weil Sie das Problem bislang nicht gelöst haben –

(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: So ist das!)

im Übrigen auch nicht im Koalitionsvertrag. Unser Maßstab ist nicht, ob Ihnen unsere Anträge gefallen, sondern ob sich für die Mehrheit der Beschäftigten im Land endlich etwas verbessert.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Zahlen sind bekannt. Die Zahl der Befristungen hat sich in den letzten 20 Jahren verdreifacht. Jede zweite Neueinstellung erfolgt befristet. Diese Zahlen sind konstant geblieben – trotz der wirtschaftlichen Lage, die ständig so bejubelt wird.

Wenn man sich die sachgrundlosen Befristungen anschaut, stellt man fest: Das ist knapp die Hälfte der Befristungen. Das Problem ist: Das sind nicht nur Zahlen, sondern hinter diesen Zahlen verbergen sich Lebensgeschichten. Ich bin seit über 20 Jahren Betriebsrätin, und ich habe viele dieser Geschichten kennengelernt: Menschen, die einem gegenübersitzen und nicht wissen, ob sie am Ende des Monats noch eine Arbeit haben, die nicht wissen, ob sie künftig noch ihre Miete bezahlen können, die nicht wissen, ob sie sich das Studium ihrer Kinder in Zukunft noch leisten können. Sie haben offensichtlich keine Vorstellung davon, was das für diese Menschen bedeutet; denn ansonsten hätten Sie diesen Wahnsinn schon lange beendet.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Für Unternehmer ist es natürlich toll. Sie wälzen damit das wirtschaftliche Risiko auf die Beschäftigten ab. Befristungen sind eine permanente Probezeit, und für die Betroffenen bedeutet das: ein Leben im Wartestand, ständig zwischen Hoffnung und Angst. Durch den Druck und die Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren, sind die Kolleginnen und Kollegen letztlich bereit, schlechtere Arbeitsbedingungen und schlechtere Löhne zu akzeptieren. Der Anteil der Niedriglöhne ist bei den Befristeten dreimal so hoch wie bei den Unbefristeten. Das darf nicht so weitergehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun zum Koalitionsvertrag. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, wollten für die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung kämpfen.

(Bernd Rützel [SPD]: Haben wir doch gemacht!)

Davon ist wenig übrig geblieben. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, haben auf Teufel komm raus blockiert.

(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Wir haben überzeugt!)

Jetzt geht es im Ergebnis nur noch um die Einschränkung der sachgrundlosen Befristung. Das ist viel zu wenig. Ihr Gesetz wird für die Mehrheit der Menschen in diesem Land überhaupt nichts ändern.

(Beifall bei der LINKEN – Stephan Stracke [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)

Die Mehrheit arbeitet nämlich in Betrieben mit weniger als 75 Mitarbeitern,

(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Nein, falsch!)

und da soll alles beim Alten bleiben. Das sind 96 Prozent der Betriebe. Da, wo das Gesetz greifen soll, in den größeren Betrieben, beschränken Sie es noch mal: Da dürfen weiterhin 2,5 Prozent der Verträge befristet werden. Sie schaffen damit einen Flickenteppich aus unterschiedlichen Regelungen in ein und demselben Betrieb statt einer klaren und einheitlichen Regelung. Damit spalten Sie Belegschaften von neuem.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich frage mich: Warum beschränken, warum nicht abschaffen? Kommen Sie jetzt bitte nicht wieder mit dem Argument der Flexibilität! Die Menschen haben die Nase voll davon. Sie brauchen endlich mehr soziale Sicherheit.

(Beifall bei der LINKEN)

In der Öffentlichkeit gibt es längst eine Mehrheit für die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung, und es müsste sich eigentlich auch hier eine finden lassen. Wir Linke fordern das seit unserer Gründung. Die SPD ist eigentlich dafür, der Arbeitnehmerflügel der CDU/CSU auch. Wir hätten heute hier die Chance, endlich eine Entscheidung im Sinne der Menschen zu treffen. Deswegen: Schaffen wir die sachgrundlose Befristung endgültig ab! Stimmen Sie unserem Antrag zu!

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Bernd Rützel [SPD] – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sehr gute Rede!)