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Susanne Ferschl: Kurzarbeitergeld erhöhen - Existenz der Beschäftigten schützen

Rede von Susanne Ferschl,

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Kurzarbeitergeld ist viel zu niedrig; Beschäftigte sind in ihrer Existenz bedroht. Deswegen muss es dringend auf 90 Prozent des vorherigen Nettoeinkommens aufgestockt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Und Beschäftigte, die zum Mindestlohn arbeiten, sollen 100 Prozent erhalten.

Man muss sich die Situation mal vor Augen führen: Ich nehme als Beispiel eine Hotelangestellte im Servicebereich. Sie hat ein Vollzeit-Nettoeinkommen von 1 300 Euro; das ist wirklich nicht viel. Branchen wie die Gastronomie sind jetzt doppelt davon betroffen, dass die Tarifbindung so schlecht ist, zum einen, weil die Löhne so niedrig sind, zum anderen, weil es keine tarifvertraglichen Vereinbarungen zur Erhöhung des Kurzarbeitergeldes gibt. Die Kollegin bekommt bei Kurzarbeit null aktuell 780 Euro – 780 Euro! Wie soll sie davon die Miete bezahlen, die Rechnungen und die laufenden Kosten? Das ist unmöglich, weil diese Kosten nämlich nicht um 40 Prozent sinken.

(Beifall bei der LINKEN)

Millionen Beschäftigte werden mit 60 bzw. 67 Prozent ihres Nettoeinkommens abgespeist und zum Teil in Armut geschickt, und im Gegenzug bekommen Arbeitgeber 100 Prozent der Sozialversicherungsbeiträge erstattet. Diese Erstattung kostet die Bundesagentur für Arbeit monatlich mehrere Hundert Millionen Euro. Das ist auch das Geld der Beschäftigten, und deswegen steht ihnen eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes zu.

(Beifall bei der LINKEN)

Es kann nicht sein, dass einseitig nur die Arbeitgeber profitieren.

Wir erleben die gleichen Mechanismen wie in der Finanzkrise: Konzerne schicken ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit, flüchten sich unter staatliche Rettungsschirme, und Beschäftigte wissen nicht, wie sie über die Runden kommen sollen. Konzerne wie BASF, BMW und VW wollen Milliarden an Dividenden ausschütten, während sie der Allgemeinheit Solidarität abverlangen. Wenn Unternehmen so etwas machen, dann muss die Politik klare Worte finden, nämlich: So nicht!

(Beifall bei der LINKEN)

Dann sind diese Unternehmen dazu zu verpflichten, die Kassen der Arbeitslosenversicherung und die Rücklagen, aus denen das alles finanziert wird, wieder aufzufüllen.

In dieser Krise muss doch wohl wirklich der Letzte kapiert haben, wie wichtig gut ausgestattete Sozialversicherungssysteme sind und dass es sinnvoller ist, gute Rücklagen zu haben, anstatt Geschenke zu verteilen. Wenn es nach der FDP gegangen wäre, wäre die Kasse wahrscheinlich schon fast leer.

(Johannes Vogel [Olpe] [FDP]: Das ist doch Quatsch!)

Selbst die Bundesregierung hat sich allein in dieser Legislatur zweimal an der Arbeitslosenversicherung vergriffen und die Beiträge gesenkt. Und jetzt? Jetzt jammert die Union rum, sagt, eine Aufstockung wäre nicht zu bezahlen, und blockiert den Arbeitsminister bei seinem richtigen Ansinnen, das Kurzarbeitergeld zumindest auf 80 Prozent zu erhöhen – die gleiche Union, deren Vorsitzende für Zigmilliarden Euro Kampfjets in den USA ordern will, die keiner braucht. Sie merken hoffentlich selber, wie irre das ist.

(Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren von der Union, geben Sie endlich die Blockadehaltung auf! Heute Abend im Koalitionsausschuss haben Sie die Chance dazu. Ansonsten sind Sie dafür verantwortlich, dass die Kolleginnen und Kollegen im Regen stehen.

Deutschland hat den größten Niedriglohnsektor in Europa, und der ist politisch verursacht. Umso dringender besteht Handlungsbedarf beim Kurzarbeitergeld. Irland, Österreich, Frankreich, die skandinavischen Länder, sie alle haben bessere Regelungen als wir – ein Armutszeugnis für Deutschland!

Liebe Bundesregierung, erhöhen Sie das Kurzarbeitergeld! Lassen Sie den Beschäftigten in diesem Land endlich das gleiche Maß an Solidarität zukommen, wie Sie es auch den Arbeitgebern zukommen lassen!

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)