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Susanne Ferschl: Arbeitszeit begrenzen - Beschäftigte schützen!

Rede von Susanne Ferschl,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! Das Arbeitszeitgesetz ist ein Schutzgesetz für Beschäftigte. Wer es aufweicht, zerstört damit diesen Schutz.

(Beifall bei der LINKEN)

Lange Arbeitszeiten und fehlende Ruhezeiten machen krank. Das behaupten nicht die Linken, sondern das sagt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Lange Arbeitszeiten erhöhen die Unfallgefahr. Nach acht bis neun Stunden Arbeit steigt das Risiko für Arbeitsunfälle, im Übrigen auch für tödliche, exponentiell an. „Wer mehr als acht Stunden am Tag arbeitet, lebt gefährlicher.“ Das behaupten nicht wir; das sagt der Leiter des Instituts für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Wenn die Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit verschwimmen, führt das zu mehr psychischer Belastung, und die Burn-outs nehmen zu.

(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Auch nachts um 23 Uhr!)

Das behaupten nicht wir; das sagt der Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte.

Die FDP möchte aber den Gesundheitsschutz der Deregulierung und der Flexibilisierung opfern. Der Gesetzentwurf zeigt ganz deutlich, wer der FDP die parlamentarischen Initiativen diktiert: Es sind Wirtschaftslobbyisten und Arbeitgeberverbände.

(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei Abgeordneten der FDP – Johannes Vogel [Olpe] [FDP]: Das stimmt nicht!)

Ihr Wahlspruch ist wahrscheinlich – frei nach Kurt Tucholsky –:

"Wir wollen freie Wirtschafter sein! Wir diktieren die Preise und die Verträge –  kein Schutzgesetz sei uns im Wege."

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Es ist zynisch, wenn Sie behaupten, es gehe um mehr Freiräume für Beschäftigte. In Wahrheit stehen nur die wirtschaftlichen Interessen im Mittelpunkt.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: So ist das!)

Wenn es Ihnen um mehr Freiräume ginge, dann sollten Sie hier einen Antrag auf Ausweitung der Mitbestimmungsrechte für Betriebsräte stellen.

(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Gute Idee!)

Arbeitgeber entscheiden, wann gearbeitet wird und wann nicht. Beschäftigte haben dabei kaum ein Mitspracherecht.

Ich weiß nicht, wer von Ihnen betriebliche Erfahrung hat. Ich spreche sehr häufig mit Arbeitnehmern. Ich gehe einfach in den Betrieb, wo ich seit 20 Jahren Betriebsrätin bin, und rede mit den Kolleginnen und Kollegen. Ich kann Ihnen sagen: Es gibt Hunderte von Arbeitszeitmodellen: Ein-Schicht-, Zwei-Schicht-, Drei-Schicht-, Vier-Schicht-Modelle, Frühschichten, Spätschichten, kurze Schichten, lange Schichten, Rufbereitschaft, Herbeiholung – alles möglich im Rahmen des bestehenden Arbeitszeitgesetzes.

Es gibt zig Ausnahmeregelungen. Wer behauptet, dass das Arbeitszeitgesetz starr ist, der erzählt Märchen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Dafür war die FDP schon immer gut! – Dr. Marco Buschmann [FDP]: Dann sitzen ja in Brüssel die schlimmsten Manchester-Kapitalisten!)

Sie sprechen immer von Digitalisierung, von hochmobilen Angestellten, die von überall aus arbeiten. Es geht aber um ein Arbeitszeitgesetz für alle Beschäftigten. Es geht auch um die Pflegekraft im Krankenhaus. Es geht auch um den Kellner in der Gastronomie, und es geht auch um die Arbeiterin an der Linie. Sie kennen kein Homeoffice, sondern nur Schichtarbeit, und sie sind zum Teil froh, wenn sie überhaupt zu ihren Pausen abgelöst werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Nach Ihrem Vorschlag müssten sie auf Weisung des Arbeitgebers auch wieder 12 oder 14 Stunden arbeiten.

(Johannes Vogel [Olpe] [FDP]: Das ist doch Quatsch! Da ändert sich doch nichts, wenn die Gewerkschaften nicht zustimmen! Das ist schlicht falsch!)

Die Mehrheit der Beschäftigten ist von diesen hochmobilen Arbeitsplätzen letztendlich nicht betroffen; aber die scheinen für Sie ja gar nicht zu existieren.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Johannes Vogel [Olpe] [FDP]: Für die ändert sich doch nichts!)

Wir Linke streiten für Arbeitszeiten, die selbstbestimmt und an den Bedürfnissen der Menschen orientiert sind.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Johannes Vogel [Olpe] [FDP]: Ach!)

Wir streiten für eine gerecht verteilte Arbeitszeit. Es sollte nicht so sein, dass die einen bis zum Umfallen arbeiten, während die anderen in der Teilzeitfalle stecken. Deswegen brauchen wir auch keine Ausweitung, sondern – im Gegenteil – eine Reduzierung der Höchstarbeitszeiten.

(Beifall bei der LINKEN)

Das wäre modern und nicht der Rückfall ins 19. Jahrhundert, den Sie provozieren, indem Sie ein Schutzgesetz kaputtmachen, das sich die Gewerkschaften über Jahrzehnte erkämpft haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)