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Subventionierte Milch in Deutschland - Existenznot in afrikanischen Ländern

Rede von Hüseyin Aydin,

Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Woche hat die Bundesregierung den Milchbauern einen Teil der Mineralölsteuer erlassen. Schon im Januar wurden nach anderthalb Jahren Aussetzung die Exportsubventionen für Milchprodukte wieder eingeführt. In Deutschland liegen damit die Exportpreise für Milchprodukte im Durchschnitt 52 Prozent unter den tatsächlichen Produktionskosten. Durch Subventionen wie den Mineralölsteuererlass kann man keine fairen Preise erzielen. Die Probleme auf dem europäischen Agrarmarkt bleiben damit weiterhin ungelöst. Butter, Käse und Milchpulver werden zu Dumpingpreisen auf den Weltmarkt geworfen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU. Aus entwicklungspolitischer Sicht ist das ein Irrsinn.

In einem Beschluss vom 5. März 2009 hat der Bundestag die Bundesregierung aufgefordert, sich für die Abschaffung der Agrarsubventionen einzusetzen. Auch die Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul unterstützte diese Forderung. Das Versprechen der Landwirtschaftsministerin Aigner, dass keine Exporte in die ärmsten Entwicklungsländer subventioniert werden, wurde gebrochen.

Die Behauptung von CDU/CSU und Teilen der SPD, dass die Situation des deutschen Milchmarktes nichts mit den Exporterstattungen und der WTO zu tun hat, ist blanker Unsinn.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn subventioniertes Milchpulver billiger als die Milch der lokalen Bäuerinnen und Bauern ist, dann werden Existenzen in den Entwicklungsländern vernichtet.

(Marlene Mortler (CDU/CSU): Beweise!)

Hören Sie zu! 2005 war 1 Liter Milch auf Basis europäischen Milchpulvers in Burkina Faso 15 Cent billiger als die heimische Frischmilch. Dieses Phänomen lässt sich in vielen Staaten Subsahara-Afrikas beobachten. Das hat dort Leben zerstört.

(Marlene Mortler (CDU/CSU): Verschwörungstheorien nennt man so etwas!)

In Sambia ist Milch seit wenigen Jahren eine Einkommensquelle, auch dank deutscher und europäischer Entwicklungshilfe. John Mwemba, Vorsitzender einer Milchkooperative, sagt:
„Mit Kühen gelingt es, jeden Monat Geld für Essen, Schule und Medizin zu erwirtschaften.“
Die sambischen Milchbauern erhalten kaum Subventionen. Der Milchkonzern Campina dagegen hat in den letzten fünf Jahren in Deutschland 12,7 Millionen Euro an Agrarsubventionen geschenkt bekommen. Das muss aufhören!

(Beifall bei der LINKEN)

Sollte zudem in Sambia der ohnehin niedrige Zoll auf Milchpulverimporte noch weiter sinken, könnte der Alptraum von Herrn Mwemba Wirklichkeit werden: „Wir werden wieder arm sein.“ Die afrikanischen Länder forderten deshalb, dass 40 Prozent der Produkte mit Zöllen belegt werden dürfen.

(Marlene Mortler (CDU/CSU): So spricht einer, der keine Ahnung hat!)

Die EU hat gegenüber den Entwicklungsländern, den armen Ländern in Afrika, eine Höchstgrenze von 20 Prozent durchgeboxt.

(Marlene Mortler (CDU/CSU): Keine Ahnung!)

Natürlich wollen wir faire Preise für die europäischen und deutschen Milchproduzenten. Die EU hat jedoch durch Anhebungen der Milchquote Überschüsse in der Produktion und gesunkene Preise mit verursacht.

Unsere agrarpolitische Sprecherin Kirsten Tackmann sagt ganz richtig: Von 24 Cent und weniger für einen Liter Milch kann kein Betrieb auf Dauer leben.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen einen agrarpolitischen Richtungswechsel hin zu einer Stabilisierung der regionalen Märkte mit kostendeckenden Preisen. Dabei müssen wir vor allem über die Marktmacht des Einzelhandels und der Großmolkereien sprechen.

Der Antrag der Grünen zur Abschaffung der Exportsubventionen für Milch kommt zum richtigen Zeitpunkt. Sicher sind einige Ungereimtheiten im Feststellungsteil zu bemängeln. Die Grünen sprechen vom „Geist der Verhandlungen auf der WTO-Ebene“. Die Absenkung der Schutzzölle ist ein Ergebnis der WTO-Verhandlungen. Insofern kann man das Scheitern der Verhandlungen nicht bedauern. Auch die Behauptung, dass die meisten Exporte nach Afrika gingen, ist so nicht richtig. Richtig ist natürlich, dass der Export von 1,2 Prozent der deutschen Agrarprodukte in afrikanische Länder einen unmenschlich hohen Schaden anrichtet.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege.

Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE):
Frau Präsidentin, ich komme zum Ende. Die Behauptung der Koalition, dass die Subventionen deutscher Milchexporte für den globalen Markt unerheblich seien, ist beschämend, kurzsichtig und einfach falsch.

(Beifall des Abg. Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE))

Deshalb werden wir, die Entwicklungspolitiker, und viele andere aus meiner Fraktion dem Antrag der Grünen zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))