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Straßenbaubericht 2007 der Bundesregierung

Rede von Dorothée Menzner,

Linke kritisiert jährlich gleiches Ritual

Dorothée Menzner (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Damen und Herren! Nach Weihnachten haben wir alle Jahre wieder das gleiche Ritual: Die Bundesregierung legt den Straßenbaubericht für das Vorjahr vor. Er hat fast den gleichen Text wie sein Vorgänger; lediglich bei den Zahlen kann man eine Anpassung an die aktuelle Entwicklung feststellen.

Über den Straßenbaubericht 2006 haben wir im Plenum nicht diskutiert, nur im Ausschuss. Aber wenn ich an unsere Debatte über den Straßenbaubericht 2005 denke - das war am 16. März 2006 -, muss ich sagen, dass es - sieht man von dem Part ab, den wir den Maßnahmen für die damals bevorstehende Fußballweltmeisterschaft gewidmet haben - nicht auffallen würde, wenn wir die gleichen Reden wie vor zwei Jahren wieder halten würden. Die Linke kritisierte damals, dass in den Neubau von Straßen zu viel Geld fließt. Zwar sagen wir kein kategorisches Nein zum Neubau; aber Instandhaltung, Erhalt und Ausbau der bestehenden Straßen muss aus unserer Sicht unbedingt Vorrang eingeräumt werden.
(Beifall bei der LINKEN)

Im Bericht 2007 stellen wir nunmehr fest, dass der Bestand an Bundesfernstraßen abnimmt. Auch die Ausgaben des Bundes für den Straßenbau sinken. 2007 gab es zwar 168 Kilometer mehr Autobahnstrecken, aber gleichzeitig 272 Kilometer weniger Bundesstraßen als 2006. Per saldo ist also die Netzlänge um 104 Kilometer geschrumpft. Der Rückgang resultiert im Wesentlichen aber nicht daraus, dass Straßenabschnitte zurückgebaut worden und dort Wälder und Wiesen entstanden wären, sondern aus einer Umwidmung. Bundesstraßenabschnitte wurden zu Landstraßen umgewidmet, was dann auch bedeutet, dass die Kosten für Unterhalt und Instandhaltung andere zu tragen haben.

Es ist dem aktuellen Bericht zu entnehmen, dass weniger Autobahnabschnitte gebaut wurden und mehr für die Substanzerhaltung getan wurde. Dies begrüßt die Linke ausdrücklich; das wollte ich an dieser Stelle auch einmal sagen.

Dem vorliegenden Bericht hätte ich aber gern etwas mehr zu anderen Themen entnommen, unter anderem zur Ausweitung von Mautstrecken. Gerade zu den Strecken, die vom Güterverkehr als Ausweichstrecken benutzt werden, weil sie dicht an Autobahnen vorbeiführen bzw. parallel zu Autobahnen verlaufen, finde ich in diesem Bericht zu wenig. Hier wünsche ich mir für den nächsten Bericht deutlich mehr; hier müssen wir, wie ich glaube, etwas tun.

Ein Blick auf die dem Bericht angefügte Straßenkarte genügt, um festzustellen, dass in den Landesteilen im Westen, abgesehen von kleinen Ausnahmen, genügend Autobahnen vorhanden sind. 2007 wurden einige Autobahnabschnitte vollendet; ich spreche jetzt nur die A 14 Halle-Magdeburg, die A 20 Lübeck-Stettin und die A 38 Göttingen-Halle an. Herr Lippold, was Sie zu diesem Thema gesagt haben, ist komplett falsch. Die Linke hat nie gesagt, es werde zu wenig in die Infrastruktur im Osten investiert. Über diesen Bereich haben wir uns nie nennenswert beklagt. Wir haben zwar gesagt, es gebe große Defizite, aber das Thema Straßen ist nicht unbedingt ein Schwerpunkt unserer Kritik.

Im Osten Deutschlands ist also eine Menge getan worden. Aber die Straßenkarte zeigt auch, dass es nach wie vor Lücken gibt, auch solche, bei denen es einen schon jucken könnte, einen Filzer zu nehmen und eine Verbindung zu schaffen. So dürfte zum Beispiel die Autobahn 14 Magdeburg-Wismar durchaus noch sinnvoll sein. Das ist übrigens eine sehr alte Planung; dieser Abschnitt war schon zu DDR-Zeiten vorgesehen. Aber bei der A 39 Lüneburg-Wolfsburg sieht es schon anders aus. Hierfür sehen wir keine Notwendigkeit, und es existiert nicht nur bei uns, sondern auch in der betroffenen Region Widerstand. Nicht zuletzt sieht der Bundesverkehrswegeplan von 2003 bei der A 39 keinen vordringlichen Bedarf.

An diesem Beispiel wird deutlich, dass wir bei Lückenschlüssen sehr wohl berücksichtigen müssen, wie sie von den Menschen in den betroffenen Regionen angenommen werden. Eine Verkehrspolitik ohne Akzeptanz der Menschen läuft in die falsche Richtung.
(Beifall bei der LINKEN)

Als Beispiel erwähne ich nur den umstrittenen Weiterbau des Stadtrings hier in Berlin, der einerseits gravierend ins Stadtbild einschnitte, andererseits aber einen Lückenschluss in Richtung Ostsee ermöglichte. Dies muss nach unserer Auffassung aber mit den Menschen gemeinsam diskutiert werden; hier darf man keine Politik am Reißbrett machen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, uns fehlt im Straßenbaubericht eine kritische Abwägung von Maßnahmen. Woher sollte sie aber kommen, wenn dieser Bericht Jahr für Jahr fortgeschrieben wird und nur die Zahlen des vergangenen Jahres eingearbeitet werden? Es ist hier schon angesprochen worden, dass wir eine Verdoppelung der Transportmengen im Güterverkehr erwarten. Sollten diese Prognosen eintreffen, wird es erhebliche Auswirkungen haben. Allerdings sind diese Prognosen für 42 Jahre berechnet, da sie bis zum Jahr 2050 reichen, und damit noch längst nicht Realität. Erstens kann man hier inhaltlich umsteuern - dem sollten wir uns stellen -, und zweitens muss ich niemandem hier im Hause erzählen, wie sehr sich Deutschland in den letzten 42 Jahren verändert hat. Wir dürfen also nicht als Gesetz annehmen, dass das unbedingt genau so eintreten wird, wie es prognostiziert worden ist.

Hätte zum Beispiel 1840 jemand eine Verkehrsprognose für die nächsten 40 Jahre abgegeben, dann hätte er die Verkehrsprobleme sicherlich anders eingeschätzt, als sie sich 1880 tatsächlich darstellten. Damals gab es ein sehr dichtes Eisenbahnnetz, von dem wir heute nur träumen können. Seitdem ist es zerfleddert worden und geschrumpft.

Wenn wir Transportprobleme lösen wollen, dann müssen wir die Bahn mit in die Verantwortung nehmen. Wir müssen die Verkehrsträger gemeinsam betrachten. Deswegen ist ein Straßenbaubericht alleine etwas zu kurz gesprungen. Nur die Kombination aller Verkehrsträger wird uns helfen, Probleme zu lösen und dabei den Menschen und der Umwelt gerecht zu werden.

Deswegen betone ich an dieser Stelle für unsere Fraktion ausdrücklich: Die Bahn ist ein wichtiger Verkehrsträger und kann nicht losgelöst von der Straße betrachtet werden. Ebenso wie die Bundesfernstraßen, die nicht Renditeinteressen unterworfen werden dürfen - wir sind grundsätzlich gegen PPP-Projekte -, darf auch die Bahn nicht den Interessen renditehungriger Anleger unterworfen werden.

Wir meinen, dass wir nicht nur einen Straßenbaubericht - so wichtig dieser Teilaspekt auch ist -, sondern auch einen Verkehrswegebericht brauchen und regen an, die Verkehrsprobleme und -anforderungen integrierter zu betrachten und ein integriertes Verkehrskonzept für Straße, Schiene und Wasserstraße zu erarbeiten und fortzuschreiben.

Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)