Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen,
nach den Steuerskandalen begann am Montag die Zeitung mit den vier Buchstaben, die sich selbst zur einzigen wahren Außerparlamentarischen Opposition ausgerufen hat, eine „große Diskussion um die Ehrlichkeit der Deutschen“. Da durfte ein Geistlicher gestehen, er habe in der Schule Mathematikformeln auf die Manschette geschrieben, eine Julia wird zitiert mit dem Geständnis, ihren Mann verschwiegen zu haben, dass sie nicht mehr Jungfrau ist und ein Kevin hat schließlich seine Freundin betrogen. Mit dieser Art der Diskussion und den Geständnissen soll der Eindruck erzeugt werden, irgendwie betrügen doch alle. Also warum die Aufregung um die kürzlich veröffentlichten Fälle des Steuertourismus.
Eine solche Diskussion ist ein Schlag ins Gesicht aller Menschen, die morgens früh zur Arbeit gehen und denen Monat für Monat, Jahr für Jahr die Steuer vom Lohn abgezogen wird. Aber auch die meisten Selbstständigen und Mittelständler die ehrlich ihre Steuern zahlen, müssen sich mit diesen Beispielen der Bildzeitung veralbert vorkommen.
Mit der strafbefreienden Selbstanzeige können sich reiche und superreiche Steuertouristen, die ihr Geld in die Schweiz oder andere Steueroasen gebracht und die Zinseinkünfte beim Finanzamt verschwiegen haben, von einer Strafverfolgung freikaufen. Sie zahlen nur die in den letzten fünf-oder zehn Jahren (je nach Höhe) hinterzogenen Steuern zurück. Wenn sie dreißig Jahre den Staat belogen und betrogen haben, brauchen Sie für zwanzig oder fünfundzwanzig Jahre nichts zahlen. Meine Damen und Herren der Koalition, finden Sie das gerecht?
Zwar sind auch die auf die Steuerhinterziehungen angefallenen Zinsen zu überweisen - das gilt aber für jeden, der seine Steuer zu spät zahlt.
Wenn mehr als 50.000 Euro hinterzogen wurden, legen die Steuertouristen noch 5 Prozent der hinterzogenen Steuer drauf und kaufen sich frei - kein Strafverfahren und sie sind auch nicht vorbestraft. Meine Damen und Herren der Koalition, finden Sie das gerecht ?
Fast alle Menschen im Land und ich sind der Meinung, dass es an der Zeit ist, die Selbstanzeige für solchen Steuertourismus endlich abzuschaffen.
Nehmen wir mal 50.000 Euro hinterzogene Steuern. Das ist der Betrag, ab dem erst eine Strafsteuer von 5 % zu zahlen ist. Das durchschnittliche Nettoeinkommen eines Arbeitnehmers beträgt rund 24.000 Euro im Jahr - wohlgemerkt Nettoeinkommen. Bis ein durchschnittlicher Arbeitnehmer 50.000 Euro zusammengespart hat, dauert es rund 10 Jahre. Da braucht man sich doch nicht zu wundern, wenn die Leute im Land sagen, die da oben interessiert nicht das Allgemeinwohl, sondern die wollen sich nur die Taschen füllen.
Diese Situation kann man nicht so belassen.
Nun zur SPD: Die Sprecher Ihrer Bundestagsfraktion habe ich so verstanden, dass Sie für die Abschaffung der Selbstanzeige sind. In der letzten Legislaturperiode haben Sie die Abschaffung der Selbstanzeige beantragt. Ihre Finanzminister in den Ländern haben ziemlich gebremst und haben eher hervorgehoben, sie wollen lieber von der Selbstanzeige profitieren. Ich frage Sie:
Wären Sie bereit, wenigstens für die Abschaffung der Selbstanzeige für den Steuertourismus die Hand zu heben? Ich bin mir sicher, dafür gäbe es in diesem Parlament eine Mehrheit. Warum nutzen wir sie nicht?
Der Gedanke der Selbstanzeige wird mit dem Verhalten der aktuell bekannt gewordenen Fälle ins Gegenteil verkehrt. Nicht etwa „tätige Reue“, die Rückkehr in die Steuerehrlichkeit ist die Motivation für die Selbstanzeige, sondern es sind äußere Umstände, wie das Scheitern des Steuerabkommens mit der Schweiz oder das Auftauchen der Steuer-CDs, die zur Selbstanzeige in diesem Bereich treiben. Erst wenn das Entdeckungsrisiko steigt, dann halten viele die Zeit gekommen, sich zu offenbaren.
Zu guter Letzt interessiert mich, was die Bundesregierung konkret gegen den Steuertourismus zu unternehmen gedenkt.
Meine Damen und Herren - der beste Weg Steuerhinterziehung zu verhindern ist, über eine ausreichende Ausstattung der Finanzämter und Betriebsprüfungen dafür zu sorgen, dass die Einkommen in der Steuererklärung vollständig erklärt und die anfallenden Steuern bezahlt werden.
Denn es geht nicht nur um Geld - es geht auch um Steuergerechtigkeit.