Sehr geehrter Herr Präsident!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
„Nur zwei Dinge auf Erden sind uns ganz sicher: der Tod und die Steuer“, sagte einst der amerikanische Präsident Benjamin Franklin. Mit dem ersten Punkt hatte er recht. Beim zweiten konnte er sich offensichtlich nicht vorstellen, dass es Zeitgenossen geben würde, die eine ungeheure Fantasie und Energie entfalten, ihrer staatsbürgerlichen Verpflichtung zur Zahlung der Steuer zu entgehen. Diese handeln nach dem Motto „Steuern zahlen nur die Dummen“ und hoffen darauf, dass man zu dumm ist, um ihnen auf die Schliche zu kommen. Meistens haben sie leider recht.
Die Ausmaße der Steuerhinterziehung sind im Zuge der Affäre um den Ankauf der Steuer-CD aus der Schweiz mehr als deutlich geworden. Laut Medienberichten haben sich bis jetzt mehr als 18 000 Steuerkriminelle selbst angezeigt und dem Fiskus 1,25 Milliarden Euro zurückgezahlt. Dabei ist die Schweiz auch nur eine der sogenannten Steueroasen auf dieser Welt. Wir müssen endlich alle Steueroasen austrocknen, wenn wir mehr Steuergerechtigkeit erreichen wollen.
(Beifall bei der LINKEN)
In Anbetracht dieser immensen Summen aus der Steuerhinterziehung und der dramatischen Situation der öffentlichen Haushalte wir haben heute schon über die Kommunalfinanzen diskutiert begrüßen wir grundsätzlich alle Initiativen, die das Ziel haben, Steuerhinterziehung effektiv zu bekämpfen. Bei der Regierungskoalition bleibt die Frage, warum sie nicht schon früher mehr unternommen hat und ob tatsächlich mehr herauskommt als vollmundige Ankündigungen. Denn es reicht nicht, immer nur den Mund zu spitzen. Wer den Mund spitzt, muss auch pfeifen.
(Beifall bei der LINKEN)
Hellhörig werde ich, wenn im Antrag der Regierungskoalition davon die Rede ist, dass zur Umsetzung der OECD-Standards bestehende Doppelbesteuerungsabkommen nicht angepasst werden müssten. Die bestehenden Regelungen zum Informationsaustausch seien ausreichend, heißt es in Ihrem Antrag, soweit der Abkommenspartner in Bezug auf den Zugang zu Bankinformationen keinen Beschränkungen aufgrund seines nationalen Rechts unterliege. Das Problem dabei ist jedoch, dass die Bestimmungen im OECD-Musterabkommen zum Informationsaustausch nicht geeignet sind, unserer Steuerverwaltung die notwendigen Informationen über die Geldanlagen der Steuerkriminellen zu verschaffen.
Da liegt doch der Hund begraben. Die Länder, die als Steueroasen genutzt werden, können nämlich OECD-Standards akzeptieren und gerade so weitermachen wie bisher; denn sie können sich darauf berufen, dass ihre Verwaltungen gar keine Informationen von den Banken erheben und sie durch Art. 26 Abs. 3 des OECD-Standards explizit davon enthoben sind, ihre Verwaltungspraxis ändern zu müssen. Das wissen Sie doch ganz genau. Sie wollen uns und den Menschen im Land Sand in die Augen streuen. Das ist doch ein Skandal.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Linke fordert, die betreffenden Staaten nicht nur zur Umsetzung der OECD-Standards zu verpflichten, sondern mit ihnen zu vereinbaren, funktionierende innerstaatliche Mechanismen zu schaffen, die zur Erlangung der von unserer Steuerverwaltung angefragten Informationen unerlässlich sind. Kommt der betreffende Staat dieser Vereinbarung nicht nach, so ist das Abkommen mit ihm zu kündigen, dieses Land als nicht kooperativer Staat zu definieren und die Verordnung zur Steuerhinterziehungsbekämpfung anzuwenden.
Zum Thema der strafbefreienden Selbstanzeige. Kaum hatte eine Oppositionsfraktion hier im Haus den Antrag gestellt, diese abzuschaffen, kommt die Regierungskoalition mit ihrem Prüfauftrag an die Regierung, wie die Anforderungen an eine strafbefreiende Selbstanzeige verschärft werden könnten. Das kennen wir schon aus der Märchenwelt: Und wenn sie nicht gestorben sind, dann prüfen sie noch heute.
(Beifall bei der LINKEN)
Damit Sie mich nicht missverstehen: Aus meiner juristischen Sicht und Praxis sind vernünftige Vorschläge dabei. Aber warum soll geprüft und nicht sofort umgesetzt werden? Sie selber haben doch auf die vielen Vorschläge in der juristischen Literatur hingewiesen. Ich habe kein Vertrauen, dass Sie das zügig umsetzen. Auch die Menschen im Land glauben Ihnen nicht.
Es gäbe noch viel zu diesem Thema zu sagen. Aber ich sehe, dass meine Zeit abgelaufen ist die Zeit der Steuerhinterzieher hoffentlich auch bald.
(Beifall bei der LINKEN)