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Sportförderung für Bianca nur privat

Periodika,

Kinder könnten durch Sport mehr reale Chancen im Leben haben,

wenn sie besser gefördert würden.

Bianca ist ein fröhlicher Teenager - mit 14 Jahren steckt sie mitten in der Pubertät. Manchmal wirkt sie ein wenig unsicher, doch zugleich scheint sie ausgeglichen und glücklich zu sein. Das war nicht immer so. Denn obwohl sie noch so jung ist, gab es schon tiefe Einschnitte in Biancas Leben. Das Mädchen sei verhaltensauffällig geworden. So lautet die offizielle Bezeichnung, wenn ein junges Mädchen nicht weiß, wie es mit Problemen umgehen soll, die es nicht verkraften kann und die es nicht zu verantworten hat. Es gab Probleme mit ihren langzeitarbeitslosen Eltern und in der Schule. Deshalb kam Bianca in eine Tagesgruppe der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in ihrem Heimatort Kalbe (Milde) und verbrachte dort die Nachmittage nach der Schule. Dabei hat Thomas von Glahn, der Einrichtungsleiter und Basketballtrainer, das Talent des Mädchens für Basketball entdeckt.

Bianca schaffte im Frühjahr 2006 auf Anhieb die Aufnahmeprüfung für die Landessportschule in Halle (Saale), der größte Erfolg in ihrem jungen Leben. Doch die Eltern des Mädchens können den Internatsplatz nicht finanzieren und vom Jugend- oder Sozialamt gibt es bis heute keine Fördermöglichkeiten. Sollte Bianca, trotz ihres Talents, diese große Chance verwehrt bleiben, nur weil ihre Eltern diesen Wunsch nicht »bezahlen« können? Der engagierte Thomas von Glahn nahm die Aussichtslosigkeit nicht hin und wandte sich an die Presse, um auf Bianca aufmerksam zu machen. Er hatte Erfolg. Vier Förderer konnten gefunden werden, die die 230 Euro Internatskosten monatlich aus ihrer eigenen Tasche aufbringen.

Eine von ihnen ist die Bundestagsabgeordnete Katrin Kunert, die selbst aktive Sportlerin ist. Besonders wichtig ist ihr, dass Biancas Förderer auch in den kommenden Jahren das Geld für die Internatskosten aufbringen können. Sie sagt: »Mein Beruf als Abgeordnete ist zeitlich begrenzt und von vielen Faktoren abhängig. Ich weiß nicht, wie sich meine berufliche Situation entwickeln wird. Aber mir ist sehr wichtig, dass Bianca die Schule in Halle beenden kann«. Bis dahin sind es noch 4 Jahre. Deshalb setzt Katrin Kunert alles daran, dass die finanzielle Förderung auf möglichst vielen Schultern verteilt und damit abgesichert ist. »Es darf nicht dazu kommen, dass Bianca die Sportschule wieder verlassen muss«, sagt Katrin Kunert. Mit dieser Förderung steht und fällt nicht nur die Entwicklung eines Basketballta-lents, sondern die Zukunft eines Kindes, Biancas Zukunft.

Kalbenser
Erfolgsgeschichte

Im Sommer dieses Jahres stellte sich erneut die Frage, ob ein weiteres Basketballtalent aus Kalbe (Milde), die Chance wahrnehmen kann, zur Sportschule zu gehen. Wie in Biancas Fall, sind auch Jennifers Eltern arbeitslos. Der Wunsch ihrer begabten Tochter ist für die Eltern unbezahlbar. Thomas von Glahn bemühte sich erneut, engagierte Förderer zu finden, die die Internatskosten und eine Erstausstattung an Sportkleidung finanzieren könnten. Wieder ist es geglückt: Auch die 13-jährige Jennifer konnte zu Beginn dieses Schuljahres nach Halle ziehen. So etwas spricht sich herum. Nach diesem und weiteren sportlichen Erfolgen in der »Basketballgeschichte« von Kalbe, die erst 2003 begann, ist mittlerweile die gesamte Kleinstadt vom Basketballfieber gepackt. Fast alle Kinder der Tagesgruppe und viele andere spielen in den Mannschaften des VfL Kalbe (Milde). Mehrere Jugendliche und einige Eltern haben sogar Trainer- und Schiedsrichterausbildungen absolviert.

Doch diese »Kalbenser Erfolgsgeschichte« ist eine absolute Ausnahme. Länder und Kommunen haben aufgrund ihrer Finanznot kein Geld, gerade Kinder und Jugendliche aus finanziell und sozial schwächeren Familien, sei es sportlich oder künstlerisch, zu fördern. Wie die Fälle von Bianca und Jennifer zeigen, bekommen diese Kinder keinerlei Unterstützung zur Förderung ihres Talents, obwohl dies wahrscheinlich ihre einzige Chance ist, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.

»Der Anfang war schwer«, sagt Bianca über den Umzug in das Internat in Halle. Die damals 13-jährige teilte sich das Zimmer mit einer Handballerin, die sie nicht mochte. »Alles war neu und fremd.« Aber nach ein paar Wochen und einem weiteren Umzug in ein anderes Internat hat sich Bianca eingelebt. Auch heute packt sie manchmal noch das Heimweh nach Kalbe. »Aber in unserer Familie gibt man nicht so schnell auf«, erzählt die 14-Jährige stolz auf sich und ihre Erfolge bei den »Lions«. Nach knapp einem Jahr in der neuen Mannschaft wurde sie mit dem SV Halle sogar Deutsche Meisterin. »Sport macht einfach Spaß und Basketball ist ein besonders toller Sport«, sagt Bianca.
Das wird nicht zuletzt an Thomas von Glahn und seiner Fähigkeit liegen, Kinder für den Sport zu begeistern. Er liebt seinen Beruf und die Arbeit mit Kindern. Aus Idealismus, wie er sagt, kümmere er sich so intensiv um die Tagesgruppe. In der Schule ist Bianca inzwischen auch »angekommen«. Bei der Doppelbelastung von Schule und zwei Trainingseinheiten pro Tag konnte die Jugendliche ihre Defizite aus der Grundschule nicht schnell genug aufholen. Nun wiederholt Bianca die siebte Klasse. Das sportliche Ziel in der neuen Spielklasse U16 steht auch schon fest: »Wieder Deutscher Meister werden«. Wer hätte vor zwei Jahren gedacht, dass Bianca einmal solche Träume verwirklichen kann? Träume, die sie ohne den Sport und ihre Förderer nicht hätte. Mit ihrem ehemaligen Trainer telefoniert sie noch immer fast wöchentlich. Mit ihren Förderern steht sie in Briefkontakt.

Sport als einzige Chance auf sozialen Aufstieg

Doch dann gab es erneut einen Rückschlag. Das Arbeitsamt hat Biancas Eltern den Kinderunterhalt für das Mädchen gestrichen. Bianca lebe im Internat und sei dort versorgt, Grund genug, den Zuschuss zu streichen. Diese Logik ist fatal und die Abgeordnete Katrin Kunert entsetzt, als sie von dieser neuerlichen finanziellen Bedrohung erfährt. Sie verspricht, sich für die Familie einzusetzen und eine Lösung zu finden, damit die 14-Jährige die Sportschule nicht verlassen muss. Bianca ist für Katrin Kunert inzwischen »wie ein eigenes Kind«.
Die soziale Kälte des Arbeitsamtes und eine Gesetzgebung, die Benachteilungen in Kauf nimmt, sind für die sportpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE nicht akzeptabel. Sie sind ein weiterer Beweis dafür, dass der Bundestag endlich eingreifen muss. Katrin Kunert ist überzeugt: »Man kann mit Sport keine Kinderarmut bekämpfen, aber Kinder können selbst die Chance nutzen, die ihnen durch Sport gegeben wird.« Ein Sportfördergesetz und Regelungen über Erstattungen von Kosten für die Förderung sozial schwacher Familien seien gerade im »Sozialraum Sport« möglich und nötig. Besonders Kinder und Jugendliche aus problematischen Familienverhältnissen können im Sport Erfolge erzielen und Anerkennung erlangen, die sie zu Hause oder in der Schule nicht bekommen. Nur so haben auch sie reale Chancen auf einen sozialen Aufstieg und ein erfolgreiches Leben.

Bianca bleibt am Ball und geht ihren Weg, den sie nur mit der Unterstützung ihrer Förderer beschreiten kann. Aber viele andere Kinder und Jugendliche haben diese Hilfe nicht, werden nicht entdeckt und gefördert. Deshalb bemüht sich Katrin Kunert weiterhin darum, dass die notwendige Kinder- und Jugendsportförderung gesetzlich geregelt wird.
Katja Herzberg

Wer Kinder und Jugendliche wie Bianca
und Jennifer unterstützen möchte, kann auf folgendes Konto des neu gegründeten Fördervereins spenden:
Förderverein für Basketballsport e.V.
Kalbe (Milde)
Kontonummer: 3035004802, BLZ: 81055555
Sparkasse Altmark-West