Zum Hauptinhalt springen

»Soziale Grundrechte sind eine unabdingbare Voraussetzung für ein würdiges Leben!«

Rede von Azize Tank,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Soziale Grundrechte sind eine unabdingbare Voraussetzung für ein würdiges Leben, egal in welchem Land. Sie sind auch eine Verpflichtung für Regierungen, ihre Innen- und Außenpolitik mit diesen Rechten in Einklang zu bringen; denn auch soziale Sicherheit gehört zu den Grund- und Menschenrechten.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Durch das Abkommen mit Uruguay können bei Rentenansprüchen die Versicherungszeiten beider Länder berücksichtigt werden. Die deutsche Seite berücksichtigt sogar Rentenansprüche, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU erworben wurden. Fortschrittlich ist auch die Gleichstellung des gewöhnlichen Aufenthaltsorts der Leistungsempfänger: Ich begrüße, dass das Abkommen die uneingeschränkte Zahlung von Renten in den anderen Staat vorsieht; das ist mit dem sogenannten Leistungsexportprinzip gemeint.


Derartige Abkommen zwischen Deutschland und anderen Ländern müssten angesichts der fortschreitenden Globalisierung eigentlich selbstverständlich sein.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich frage mich: Warum pflegt die Bundesrepublik eine solche Kooperation bei der Sozialversicherung nicht mit allen Staaten, egal ob es lateinamerikanische oder europäische Staaten wie beispielsweise Andorra, Moldawien oder Georgien sind?

Es ist erst zwei Monate her, dass der Europäische Ausschuss für Soziale Rechte die Bundesrepublik wegen Verletzungen der Europäischen Sozialcharta gerügt hat, weil Deutschland solche Abkommen mit mehreren Staaten in Europa gerade nicht abgeschlossen hat.


Bereits abgeschlossene Rentenabkommen wie das mit der Republik Polen von 1975 dürfen dabei nicht dazu führen, Ghetto-Arbeitern ihre berechtigten Rentenansprüche zu verweigern. Dies ist aber die gegenwärtige Praxis der Bundesrepublik gegenüber polnischen Juden, die in Ghettos gearbeitet haben. Leider sieht der neue Referentenentwurf der Bundesregierung auch hier keine Änderungen vor.

Die Gewährleistung des Rechts auf soziale Sicherheit ist in der Europäischen Sozialcharta festgeschrieben, also die Gleichbehandlung von Staatsbürgern verschiedener Staaten in Europa hinsichtlich der Ansprüche bei der sozialen Sicherheit. „Soziale Sicherheit“ heißt es in der Überschrift des Gesetzentwurfs und in dem zugrunde liegenden Abkommen. Sie ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Tat von zentraler Bedeutung. Aber die Vermeidung doppelter Beitragsbelastung und die Berücksichtigung von Versicherungszeiten bei den

Rentenansprüchen sind nur ein Teil wirklicher sozialer Absicherung.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Soziale Sicherheit ist ein Grund- und Menschenrecht und Bestandteil der sozialen Menschenrechte, wie sie im UN-Sozialpakt von 1966 längst festgeschrieben sind. Deshalb erlaube ich mir, abschließend an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass das Zusatzprotokoll zum UN-Sozialpakt endlich auch von der Bundesregierung ratifiziert und umgesetzt werden muss,

(Beifall bei der LINKEN)


wie dies übrigens schon durch mehrere lateinamerikanische und europäische Staaten geschehen ist. Mit dem Ja zu diesem Gesetzentwurf verbinde ich also den Appell, endlich die überfällige Umsetzung der EU-Sozialcharta und des UN-Sozialpaktes vorzunehmen.


Danke.
(Beifall bei der LINKEN)