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Sören Pellmann: Statt eines Teilhabestärkungsgesetzes gibt es nur ein Gesetzchen

Rede von Sören Pellmann,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute das Teilhabestärkungsgesetz. Nach Auffassung der Linken handelt es sich eher um ein Gesetzchen. Die Anhörung am Montag im Fachausschuss hat ergeben: Von fast allen Sachverständigen wurde deutlicher Änderungsbedarf artikuliert. Selbst die Sachverständigen der Unionsfraktion haben das bestätigt. Ihre Änderungsanträge, die wir heute vorliegen haben, reichen bei Weitem nicht aus.

(Beifall bei der LINKEN)

Immerhin werden nun Blindenführhunde wie Assistenzhunde behandelt, und der Gewaltschutz wird leicht verbessert. Das war es dann aber auch schon an Positivem. Wir kritisieren weiterhin: Erstens. Die Praxis des Zwangspoolings, also die gemeinsame Erbringung von Assistenzleistungen gegen den ausdrücklichen Willen, wurde nicht gestoppt. Zweitens. Es gibt keine bedarfsdeckende Finanzierung von Assistenzhunden. Drittens. Viele Probleme von Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt sind ungelöst.

Wie kann Teilhabe gestärkt werden? Teilhabe stärkt man, indem man gute Arbeit für Menschen mit Behinderungen ermöglicht und sicherstellt. Menschen mit Behinderungen müssen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ankommen. Noch immer sind diese häufiger und deutlich länger von Arbeitslosigkeit betroffen als Menschen ohne Behinderungen, oder sie sind in Sonderarbeitswelten untergebracht.

Auf der von uns, also der Fraktion Die Linke, durchgeführten Konferenz „Gute Arbeit für Menschen mit Behinderungen“ diskutierten wir über genau diese Frage mit den Betroffenen, und wir haben Lösungsvorschläge erarbeitet. Konsens auf dieser Konferenz war: Die Förderungen von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen müssen langfristig und bedarfsdeckend ausgestaltet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Inklusionsunternehmen müssen stärker gefördert werden. Herr Heil, Sie haben es ja schon angesprochen: Das Hin und Her zwischen SPD und Koalitionspartner CDU/CSU nervt die Betroffenen nur noch. Wo bleibt endlich die Erhöhung der Ausgleichsabgabe?

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Werkstätten müssen zu tatsächlichen Inklusionsbetrieben weiterentwickelt werden. Ein Wechsel von einer Werkstatt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt und auch wieder zurück muss verlustfrei möglich sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Teilhabe stärkt man, indem man Teilhabeleistungen verbessert und das Selbstbestimmungsrecht garantiert. Das Wunsch- und Wahlrecht der Betroffenen bei der Wahl der Wohnform muss garantiert und der Kostenvorbehalt in § 104 SGB IX muss gestrichen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Teilhabeleistungen für Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen müssen menschenrechtskonform ausgestaltet werden,

(Beifall des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

und zwar bedarfsdeckend und einkommens- und vermögensunabhängig.

(Beifall bei der LINKEN)

Teilhabe stärkt man, indem man Assistenzhunde für Menschen mit Behinderungen gesetzlich garantiert.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Und Barrierefreiheit – über dieses Thema haben wir oft diskutiert – muss in allen Lebensbereichen ermöglicht werden, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Raum.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

All diese Forderungen zur Schaffung einer echten Teilhabe sind in den Anträgen der Linken, die heute zur Abstimmung stehen, enthalten. Wenn Sie diesen Anträgen zustimmen, dann wird es noch was mit einem echten Teilhabestärkungsgesetz.

In diesem Sinne: Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)