Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Letzter Tagesordnungspunkt im Jahr 2020 im Deutschen Bundestag, Thema: Menschen mit Behinderungen. Ich hätte mir gewünscht, dass die Große Koalition diesen Tagesordnungspunkt als Weihnachtsbotschaft aufsetzt. Leider ist das nicht der Fall gewesen. Deswegen, liebe Grüne, vielen Dank, dass ihr das möglich gemacht habt.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Kurz vor dem Jahresende ist es ja üblich, dass man Jahresrückblicke anstellt. Es ist noch ein bisschen Zeit, aber ich will zumindest heute schon mal anfangen.
Seit dem Frühjahr dieses Jahres, 2020, hat uns alle die Pandemie Corona voll im Griff. Nach einer sommerlichen Unterbrechung ist das öffentliche Leben nunmehr wieder fast zum Stillstand gekommen. Die Bundesregierung hat nach meiner und nach Auffassung meiner Fraktion deutlich zu lange mit Maßnahmen gewartet. Diese wurden nur teil- und stückchenweise in sogenannter Salamitaktik vorgenommen. Warum hat die Bundesregierung die Sommerzeit nicht genutzt, um aktiv zu werden?
Bereits am Beginn der Pandemie waren Menschen mit Behinderungen eben nicht im Bewusstsein der Bundesregierung. Wer bekam denn von der Bundesregierung den Vorrang, als es um die Staatshilfen ging? Großkonzerne bekamen trotz milliardenschwerer Dividenden staatliche Hilfe in Milliardenhöhe. Das ist genau der falsche Weg.
(Beifall bei der LINKEN)
Wie sah es denn in Betrieben aus, welche vornehmlich Menschen mit Behinderungen beschäftigen? Inklusionsbetriebe wurden, wenn ich zurückblicke, in den ersten Hilfspaketen vollständig vergessen. Werkstätten für Menschen mit Behinderungen spielten kaum eine Rolle.
Bei der Versorgung mit Schutzausrüstungen schauten sich Betroffene bereits im Frühjahr ratlos an. Hat die Bundesregierung aus diesen Fehlern eigentlich gelernt? Mittlerweile, fast ein Jahr nach Beginn der pandemischen Situation, werden FFP2-Masken an Personen über 60 Jahre verteilt, auch an Menschen mit Behinderungen. Das ist eine richtige Maßnahme, kommt aber nach Auffassung der Linken deutlich zu spät.
(Beifall bei der LINKEN)
Wie sieht es denn nun bei Menschen mit Behinderungen, bei chronisch Kranken aus, die nicht in Einrichtungen leben und ihre Assistenzkräfte zum Beispiel selbst beschäftigen? Diese Gruppe fällt völlig raus. Hier muss dringend nachgesteuert werden.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Linke fordert für diese Menschen, erstens, kostenfreie und bedarfsgerechte Schutzausrüstungen, zweitens, kostenfreie und präventive Testmaßnahmen und, drittens, kostenfreie und schnelle Impfungen.
(Beifall bei der LINKEN)
In ihrem Antrag fordern Bündnis 90/Die Grünen einen besseren Zugang zu barrierefreien Teilhabeleistungen und verweisen hier auf zahlreiche Berichte von Betroffenen und Angehörigen. Liebe Große Koalition – das richte ich auch an die Herren von der AfD –, das sind eben keine Fake News, wie es Herr Kleinwächter hier dargestellt hat.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Ich habe nicht gesagt, dass sie das sind!)
Das sind Berichte, sie sind echt, und sie beschreiben die tatsächlichen Verhältnisse. Ich könnte diese Berichte auch noch deutlich erweitern und mehr davon vorlegen.
Auch wenn Weihnachten 2020 mit Hoffnung verbunden ist: Ich hoffe darauf, dass Sie als Koalition ein Einsehen haben. Aber ich glaube nicht, dass Sie dazu bereit sind. An dieser Stelle will ich nur an unsere zehn Anträge zur Barrierefreiheit – Herr Oellers, Sie haben das Thema angesprochen – erinnern: keine Unterstützung durch Sie und auch kein Problembewusstsein bei Ihnen. 2021 muss deutlich besser werden. Ich will abschließen – –
(Beifall bei der LINKEN)
Ich möchte mit einem Zitat des Behindertenbeauftragten der Bundesregierung schließen: Für Deutschland biete sich die Chance, jetzt in Sachen Barrierefreiheit im privaten Bereich aktiv zu werden. Dazu lägen vielversprechende Beispiele aus Österreich und Schweden vor. Wir sollten Fehler nicht wiederholen.
Liebe Zuhörerinnen, liebe Zuhörer, –
– ich wünsche Ihnen noch frohe Weihnachten und alles Gute. Bleiben Sie gesund!
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Jens Beeck [FDP])