Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum heutigen zwölften Geburtstag der UN-Behindertenrechtskonvention
(Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Endlich sagt es mal einer!)
hätte ich mir in einem solchen Gesetzentwurf tatsächlich mehr Inhalt gewünscht.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
An diesem heute zu beratenden Gesetzentwurf erkennt man, dass die Legislaturperiode langsam zu Ende geht und die Koalition versucht, sich noch irgendwie bis ans Ziel zu retten. Wie steht es um die Teilhabe denn im tatsächlichen Leben? Bei der letzten Pressekonferenz der Bundeskanzlerin nach der Ministerpräsidentenkonferenz war zum Beispiel hinsichtlich Barrierefreiheit völlige Fehlanzeige.
Auf zwei positive Dinge will ich zu Beginn eingehen: Erstens. Die Erweiterung der Leistungsberechtigten des Budgets für Ausbildung und die Regelung zum leistungsberechtigten Personenkreis begrüßen wir ebenso wie zweitens die minimalen Verbesserungen bei der Betreuung der Rehabilitandinnen und Rehabilitanden im SGB II und III.
Bis zur Beschlussfassung, Herr Oellers – ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie es schon angeführt haben –, gibt es noch viele Punkte, wo nach unserer Auffassung nachgesteuert werden muss.
(Beifall der Abg. Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Hubertus Heil kündigte zum Beispiel im Dezember des vergangenen Jahres an, die Erhöhung der Ausgleichsabgabe zu formulieren. Im vorliegenden Entwurf? Fehlanzeige!
Verpflichtende und verbindliche Regelungen für Leistungserbringer und Rehaträger beim Gewaltschutz? Leider nicht vollumfänglich erfüllt.
Umfassende Verbesserung und barrierefreie Beratung und Vermittlung, die einheitlich durch die Bundesagentur für Arbeit zu erfolgen hat? Fehlanzeige!
Barrierefreiheit bei den geplanten digitalen Gesundheitsanwendungen im SGB IX? Fehlanzeige!
Und etwas geht gar nicht: Das Zwangspooling hat weiterhin Bestand. – Das geht so nicht! Wo wird hier Teilhabe gestärkt?
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Die Linke fragt daher bei der Erarbeitung ihrer Anträge auch: Wie sieht denn die Realität der Betroffenen aus? Beispiel Assistenz: Betroffene berichten vom Hickhack bei der Mitnahme von Assistenzkräften in Krankenhäuser, zur Reha oder in Hospizeinrichtungen.
Erstens. Assistenzen kennen die Betroffenen am besten und können insbesondere in lebensbedrohlichen Situationen Sicherheit vermitteln.
Zweitens. Die Zuständigkeiten zwischen Bundesministerium für Arbeit und Soziales und Bundesministerium für Gesundheit müssen sofort geklärt werden. Lösung könnte sein, die Finanzierung wie bei anderen Assistenzleistungen über das SGB IX zu formulieren.
(Beifall bei der LINKEN)
Zu häufig endet Teilhabe leider an der falschen oder fehlenden Infrastruktur. Erstens. Wir wollen flächendeckend in eine soziale, inklusiv ausgestaltete Infrastruktur investieren. Zweitens. Inklusive und barrierefreie Wohnangebote und öffentliche Räume müssen vorranging gefördert werden. Das wäre echte Teilhabestärkung.
(Beifall bei der LINKEN)
In dem Zusammenhang verweise ich zumindest schon einmal auf unseren Teilhabeantrag.
Zum Schluss noch etwas zu unserem tierisch guten Antrag. Wir begrüßen die Regelungen zu den Assistenzhunden. Leider wird die Finanzierung erneut nicht gesichert. Und dass in der Studie nur 100 Hunde berücksichtigt werden sollen: Das ist deutlich zu wenig.
(Beifall bei der LINKEN)
Ebenso bleiben die Qualitätsstandards im Gesetz unklar. Assistenzhunde retten Leben und machen die Bewältigung des Alltags erst möglich; deswegen sind sie zu fördern – nicht nur 100 Hunde, sondern deutlich mehr.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Abschließend: Es muss grundlegend, flächendeckend und themenübergreifend teilhabeorientiert gedacht werden. Meine Empfehlung, liebe Koalition: Nutzen Sie die Zeit bis zum Beschluss hier im Hohen Hause! Reden Sie mit Interessenvertreterinnen und Interessenvertretern! Da geht noch eine Menge. Als Geburtstagsversprechen zum heutigen zwölften wäre es ein erster Anfang.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)