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Sicherheitsstrategie so planlos wie das Heizungsgesetz

Rede von Sevim Dagdelen,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Nationale Sicherheitsstrategie der Bundesregierung ist nichts anderes als das Heizungsgesetz für die Sicherheitspolitik:

(Zurufe von der FDP: Oh! Oh!)

planlos, konzeptlos, eine Politik, die kaum Antworten gibt. Die einzige konkrete Antwort ist die Erhöhung der Ausgaben für das Militär auf 2 Prozent; das sind zwischen 70 und 80 Milliarden Euro pro Jahr. Ich finde, das ist Wahnsinn.

(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das kann man wohl sagen!)

Sie kommen über eine reine Zustandsbeschreibung nicht hinaus, und am Ende stehen, wie beim Heizungsgesetz, gar neue Belastungen, neue Verunsicherungen für die Bevölkerung in Deutschland.

Ihr Hauptproblem ist, dass Sie, wie beim Heizungsgesetz, bereit sind, alle möglichen Interessen zu vertreten, nur nicht die Sicherheitsinteressen der deutschen Bevölkerung. Sie hängen sich einfach nur an die USA. Und im fatalen Glauben, die Sicherheitsinteressen der USA seien deckungsgleich mit denen der Bevölkerung hier, richten Sie Ihre Politik darauf aus, Washington in Bruchteilen von Sekunden zu folgen. Sie wollen uns weismachen, dass Ihre gigantische Aufrüstung, die Sie auf Pump finanzieren und die deshalb eine schwere Hypothek für die kommenden Generationen darstellt, Sicherheit schaffen würde. Dabei geht es aber ausschließlich um die Profitmargen deutscher und auch der US-Rüstungsindustrie.

(Ulrich Lechte [FDP]: Bitte?)

Frau Außenministerin Baerbock sagte – ich zitiere –: „Die Strategie wird so stark sein wie die Menschen, die sie tragen“. Warum dann aber tut diese Bundesregierung alles, um die Menschen zu schwächen, die die Strategie tragen sollen?

(Ulrich Lechte [FDP]: Gnade!)

Statt einer Garantie gegen neue Steuererhöhungen und gegen Sozialkürzungen für Normalbürger, einer Garantie, dass sich die Krankenkassenbeiträge nicht weiter erhöhen, setzt die Bundesregierung auf immer neue Belastungen, wie bei diesem Heizungsgesetz für die Mieterinnen und Mieter.

(Ulrich Lechte [FDP]: Gnade!)

Und das sind letztendlich Angriffe auf die soziale Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger, und das muss aufhören.

(Beifall bei der LINKEN)

Jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Armut. Die Infrastruktur ist marode. Die Menschen können Energie und Lebensmittel nicht mehr bezahlen. Aber für frische Waffen, für Panzer, dafür haben Sie immer Geld.

(Ulrich Lechte [FDP]: Auf der ganzen Welt tobt Krieg!)

Ihre Politik hat Deutschland jetzt auch noch dank Ihres irrsinnigen Wirtschaftskriegs in eine Rezession geführt. Und statt einmal innezuhalten und sich die Trümmer Ihrer Politik anzusehen, häufen Sie immer neue Trümmer an.

US – Generalstabschef Milley sagte gerade erst – ich zitiere –:

"Die geopolitische Situation ändert sich auf eine sehr grundlegende Weise. Es wird immer deutlicher, dass wir uns wirklich in einem multipolaren, internationalen Umfeld mit mindestens drei Großmächten befinden: den Vereinigten Staaten, China und Russland …"

Diese Erkenntnis – –

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie sich eigentlich gründlich damit beschäftigt, Frau Dağdelen? Sie sind so selten hier!)

– Ich weiß, den Grünen gefällt das nicht, aber das ist Ihre Politik. Finden Sie sich damit ab.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der AfD)

Diese Erkenntnis ist bei Ihnen offensichtlich noch nicht ganz angekommen.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, ich wollte Sie fragen, warum Sie an so vielen namentlichen Abstimmungen nicht teilnehmen!)

Bei Russland setzen Sie auf Eskalation. Bei China streiten Sie sich immer noch. Und den USA bieten Sie sich, wie gehabt, als nibelungentreuer Gefolgsmann an wie Sauerbier.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So verkommt eine nationale Sicherheitsstrategie zu einer bloßen Lachnummer, weil Sie nicht imstande oder willens sind, die Terroranschläge auf zentrale kritische Infrastrukturen wie die Nord-Stream-Pipeline aufzuklären, geschweige denn zu ahnden, weil die mutmaßlichen Täter in Washington oder in Kiew sitzen.

(Beifall bei der LINKEN und der AfD – Zuruf von der SPD: Boah! Jetzt reicht es aber! – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sprechen von einer multipolaren Welt, und zugleich reisen Sie wie ein Oberlehrer über den Globus – mit einer unerträglichen Doppelmoral. Und ich sage Ihnen: Da müssen Sie sich nicht wundern, wenn die deutsche Außenministerin am Flughafen in Indien nur noch vom Gepäckdienst empfangen wird oder in Brasilien nicht einmal mehr ihren Amtskollegen treffen kann.

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Sie erzählen einfach nur Unsinn!)

Mein letzter Satz. – Diplomatie und Dialog erfordern Augenhöhe, wenn Deutschland sich nicht ins Abseits stellen möchte.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der AfD – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beifall vonseiten der AfD für die Kollegin der Linken! – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)