Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die deutsch-russischen Beziehungen sind an einem Tiefpunkt angelangt. Das ist fatal, und damit dürfen wir uns einfach nicht abfinden.
(Beifall bei der LINKEN)
Dieser Tiefpunkt der deutsch-russischen Beziehungen ist insbesondere vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte und zweier Weltkriege im letzten Jahrhundert, die beide von Deutschland ausgingen, besonders beschämend. In wenigen Wochen jährt sich der deutsche Überfall auf die Sowjetunion zum 80. Mal.
Erinnern wir uns: In den frühen Morgenstunden des 22. Juni 1941 startete Nazideutschland mit dem Unternehmen „Barbarossa“ den völkerrechtswidrigen Überfall auf die Sowjetunion. In einem Blitzkrieg sollte die deutsche Wehrmacht das sowjetische Territorium bis zum Ural erobern und auf Dauer besetzen. Der Feldzug wurde vom ersten Tag an auch mit Mitteln barbarischen Terrors gegen die Zivilbevölkerung geführt.
Eines der größten Kriegsverbrechen der deutschen Wehrmacht während des Krieges war die Blockade der Metropole Leningrad vom 8. September 1941 bis zum 27. Januar 1944. In den Jahren der Hungerblockade starben dort Schätzungen zufolge über 1 Million Menschen. Die deutsche Kriegsplanung sah auch aus „rassenideologischen“ Gründen für die Sowjetunion ausdrücklich vor, dass die Bevölkerung um 30 bis 50 Millionen Menschen – Zitat – „reduziert“ werden sollte.
Mit dem Überfall auf die Sowjetunion gingen die Nazis zur systematischen Ermordung der Jüdinnen und Juden in Europa über. Insgesamt wurden infolge von Krieg und deutscher Besatzung 27 Millionen Bürgerinnen und Bürger aller Nationalitäten der Sowjetunion getötet. 30 Prozent des von deutschen Soldaten okkupierten Territoriums waren nach der Befreiung durch die Einheiten der Roten Armee zunächst unbewohnbar. Zerstört wurden 1 710 Städte, 70 000 Dörfer, 32 000 Fabriken, 2 766 Kirchen und Klöster, 4 000 Bibliotheken und 427 Museen. Wir jedenfalls verneigen uns in Demut vor den Opfern und ihren Angehörigen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, wir sollten diesen Jahrestag zum Anlass nehmen, um wie mit Frankreich eine Aussöhnung auch mit Russland auf den Weg zu bringen und einen Freundschaftsvertrag mit Russland zu vereinbaren. Die Bundesregierung und auch der Bundestag haben hierfür eine historische Verantwortung. Es wäre vermessen und unangebracht, dieser Verantwortung mit dem Argument tagespolitischer Differenzen auszuweichen. So hat die Bundesregierung 1963 nicht gegenüber General Charles de Gaulle im Falle Frankreichs argumentiert, und so sollte die Bundesregierung heute auch nicht im Falle Russland argumentieren.
(Beifall bei der LINKEN)
In Deutschland gibt es in Teilen Anfeindungen und Hass gegenüber Russland und gegenüber seiner Bevölkerung. Dies muss schon im Interesse der Sicherung des Friedens überwunden werden. Am 9. November 1990 wurde der Vertrag über gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der UdSSR unterzeichnet, den der Deutsche Bundestag am 25. April 1991 ratifiziert hat. Rechtsnachfolger der Sowjetunion ist die Russische Föderation. Dieser Vertrag sollte und müsste jetzt wiederbelebt werden. Das Ziel muss Freundschaft sein, Freundschaft mit Russland, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Linke will, dass dieser 80. Jahrestag nun zum Anlass genommen wird, Verhandlungen über einen deutsch-russischen Vertrag mit dem Ziel aufzunehmen, Versöhnung und Freundschaft zwischen Deutschland und Russland zu erreichen und zu verstetigen. Ich hoffe, dass die anderen Fraktionen und die Bundesregierung sich diesem Ansinnen nicht komplett verweigern.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)