Zum Hauptinhalt springen

Bei den Armen kürzt man nicht!

Rede von Victor Perli,

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Spaltung zwischen Arm und Reich hat sich in den letzten Jahren massiv verschärft, hier im Land, aber auch weltweit. Das ist kein Naturereignis, sondern das ist Folge einer Politik, die auf der einen Seite Millionen Menschen im Stich lässt und auf der anderen Seite Milliardäre immer reicher macht. Die Linke sagt ganz klar: Das darf so nicht weitergehen. Das muss geändert werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Alleine während der Coronapandemie ist das Vermögen der Milliardäre weltweit um unfassbare 42 Prozent auf 12,7 Billionen US-Dollar gestiegen. Auf der anderen Seite werden alleine in diesem Jahr mehr als eine Viertelmilliarde Menschen zusätzlich verarmen. Schon jetzt gehen 811 Millionen Menschen jede Nacht hungrig zu Bett, darunter viele Kinder. 276 Millionen sind von akuter Hungersnot betroffen. Das ist mehr als doppelt so viel wie vor drei Jahren. Auch das zeigt: Die Explosion der Lebensmittelpreise muss sofort gestoppt werden. Das ist menschenverachtend.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Vereinten Nationen zählen erstmals mehr als 100 Millionen Menschen auf der Flucht. „Es ist ein Rekord, den es niemals hätte geben dürfen“, sagt UN-Kommissar Filippo Grandi. Recht hat er! Was macht jetzt die Bundesregierung? In einer solchen Situation müsste sie doch Anstrengungen unternehmen wie noch nie, um zur Linderung der Not beizutragen. Aber im März, zu Beginn der Haushaltsberatungen, gab es hier einen Entwurf mit einer Kürzung in Milliardenhöhe. Unfassbar! Dieses schlimme Vorhaben konnte durch viel öffentlichen Protest und auch dank des breiten Engagements aus dem Parlament verhindert werden; das ist schon gesagt worden. Dennoch: Die bittere Wahrheit ist, dass die Ampelkoalition in diesem Jahr trotz des Kriegs in der Ukraine, trotz steigender Armut, trotz Hungersnot weniger für Entwicklungspolitik ausgibt als die Große Koalition im letzten Jahr. Es sind 290 Millionen Euro weniger. Diese Kürzung ist völlig falsch und komplett aus der Zeit gefallen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein Beispiel: Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen bekam im letzten Jahr von der Großen Koalition 120 Millionen Euro. Die Ampel landet für dieses Jahr trotz zweier Ergänzungen nur bei 92 Millionen Euro. Dieses Programm verbleibt im Zweifel in einem Land noch vor Ort, wenn alle anderen Organisationen das Land schon verlassen haben. Für Die Linke ist klar: Die Mittel für dieses Programm dürfen auf gar keinen Fall gekürzt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wissen Sie, was mich besonders entsetzt? Als wir im Ministerium über den Entwurf gesprochen haben, habe ich gefragt: Warum wollen Sie ausgerechnet beim Welternährungsprogramm 56 Prozent, also mehr als die Hälfte, der deutschen Mittel kürzen? Die Antwort des Regierungsvertreters von der SPD war: Wir müssen kürzen, und da ist es technisch einfach möglich. – Ich bitte Sie! Man kürzt doch nicht bei den Ärmsten, weil es technisch möglich ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist keine technische Frage, das ist eine politische Entscheidung. Da, wo die Not besonders groß ist, kürzt man nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Dieses Knausern ist umso empörender, weil für Atombomber, für Kampfdrohnen usw. auf einmal 100 Milliarden Euro extra da sind. Es ist immer eine politische Frage, wofür Geld da ist und wofür nicht. Machen Sie den Menschen nichts vor!

Dem „Spiegel“ war kürzlich zu entnehmen, dass SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich mit Kanzler Scholz als Gegenleistung für die Aufrüstungsmilliarden ausgehandelt hat, dass es einen Aufwuchs bei den Mitteln für die Entwicklungszusammenarbeit gibt. Wir sehen jetzt, dass dieses Plus nicht mal ausreicht, um das Minus im Vergleich zum Haushalt der Großen Koalition auszugleichen. Dass der SPD-Fraktionschef beim Kanzler darum betteln muss, ein paar Millionen Euro mehr für Entwicklungspolitik auszugeben,

(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Haben Sie Beweise dafür, dass er gebettelt hat?)

während zugleich Milliarden für die Rüstungskonzerne ausgeschüttet werden, ist ein wirklich unfassbarer Zustand. Das sagt viel über diese Regierung aus, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Eine große Sorge von uns und den Hilfsorganisationen ist, dass die Mittel im nächsten Jahr wieder gekürzt werden, weil sie zum Beispiel im Ergänzungshaushalt nur einmalig eingestellt worden sind. Unsere Welt muss friedlicher und gerechter werden. Dazu muss Deutschland einen verlässlichen Beitrag leisten. Dafür setzen wir Linken uns weiter ein. Anstatt arme Menschen im Stich zu lassen – hierzulande und in der Welt –, muss Politik Ungerechtigkeit beenden und sich mit den Reichsten anlegen. Ganz konkret: Es gibt eine Hungerkrise in der Welt, und es ist wirklich beschämend, dass sich Konzerne und Spekulanten daran bereichern. Spekulation mit Nahrungsmitteln muss verboten werden.

Kümmern Sie sich darum!

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Deborah Düring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])