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Ungerechtigkeit beim Sozialhilfebezug beenden

von Susanne Ferschl,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf will an verschiedenen Stellen die Sozialhilfe ans Bürgergeld anpassen; aber an der systematischen Ungerechtigkeit, die älteren und chronisch kranken Menschen im Sozialhilfebezug widerfährt, ändert sich nichts. Und das ist das Problem.

Es ist einfach nicht nachvollziehbar, warum sich Arbeit für Menschen in Sozialhilfe nicht lohnen darf. Im Bürgergeldbezug darf man bei einem Nebenverdienst von angenommen 200 Euro 120 Euro behalten, beim Sozialhilfebezug dagegen nur 60 Euro. Um es zu verdeutlichen: Wenn sich jemand trotz Alter oder Krankheit etwas dazu verdient, wird er durch hohe Abzüge bestraft. Das versteht doch kein Mensch.

(Beifall bei der LINKEN)

Ähnlich ist es beim Schonvermögen und der Angemessenheit für selbstgenutztes Wohneigentum. Fällt beispielsweise jemand altersbedingt aus dem Bürgergeldbezug und bekommt dann Grundsicherung im Alter, kann es im schlimmsten Fall passieren, dass diese Person ihre Wohnung verlassen muss. Das ist doch reichlich absurd.

(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Irre!)

Und diese Benachteiligungen aufgrund von Alter, Krankheit oder Behinderung setzen sich fort. Die Bundesregierung hält es nämlich nicht für nötig, die oftmals hohen Ausgaben für Medikamente, Zuzahlungen oder medizinische Hilfsmittel durch einen Mehrbedarf im SGB XII anzuerkennen. Genau das wäre aber notwendig,

(Beifall bei der LINKEN)

erst recht, weil die Regelsätze nach wie vor nicht bedarfsdeckend sind. Deswegen fordert Die Linke einen Anspruch auf einen alters- und krankheitsbedingten Mehrbedarf für alle Personen über 65 Jahre und für alle dauerhaft erwerbsgeminderten Personen.

(Beifall bei der LINKEN)

Lassen Sie mich abschließend noch etwas zu dem kurzfristigen Änderungsantrag sagen, nämlich zur Anrechnung von Verpflegung von Ukrainegeflüchteten in Gemeinschaftsunterkünften:

Zum einen war das parlamentarische Verfahren – leider nicht zum ersten Mal – echt wieder unter aller Kanone.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wohl wahr!)

Ich meine, wenn man einen Änderungsantrag vier Stunden vor der Anhörung bekommt, dann führt das den ganzen Prozess so ein bisschen ad absurdum.

Zum anderen – das muss ich auch sagen –: Es kann doch nicht sein, dass Sie zunächst eine Gruppe der Geflüchteten herausgreifen und besserstellen, indem Sie sie aus dem Asylbewerberleistungsgesetz herausnehmen und ins Bürgergeld packen und dann plötzlich feststellen: „Ups, da gibt es aber eine Schieflage, die so oder so besteht“, und dann nehmen Sie die gesamte Verpflegung wieder in Abzug, ohne den geringsten Puffer für eigene Einkäufe in irgendeiner Form einzuplanen, sodass die Menschen überhaupt keine Chance haben, sich bei der Massenverpflegung zu ergänzen. Ich finde das reichlich wirr. Mit uns ist das so nicht zu machen. Wir werden heute Ihrem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)