Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Unionsfraktion, herzlich willkommen in der realen Welt der Menschen mit Behinderungen! Eines muss man Ihnen lassen: Humor haben Sie. Der Antrag, den Sie hier vorlegen, könnte man als Satire oder doch eher als eine Selbstabrechnung verstehen. Ich habe schon in Ihre Reihen geschaut, ob vielleicht gleich Jan Böhmermann auftaucht und als neuer Abgeordneter bei Ihnen um die Ecke kommt.
(Heiterkeit bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Der war gut!)
Ich muss heute hier im Plenum erstmals von einer Erleuchtung sprechen: Im Feststellungsteil, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben Sie nämlich vieles richtig analysiert: Menschen mit Behinderungen sind länger und häufiger arbeitslos. Es gibt zu wenige Unternehmen, die ihre Verantwortung für Inklusion ernst nehmen. Die Unternehmen stellen zu wenige Menschen mit Schwerbehinderung ein. 25 Prozent bzw. 40 000 Unternehmerinnen und Unternehmer sind sogenannte Nullbeschäftiger: Sie beschäftigen trotz einer entsprechenden Pflicht keinen einzigen Menschen mit Schwerbehinderung.
Hier drängt sich zumindest mir regelrecht die Frage auf: Warum ist das so? Es gibt eine sehr einfache Antwort: Das ist die Bilanz Ihrer 16‑jährigen Regierungsverantwortung, die durch Versagen geprägt war. 16 Jahre Kanzlerschaft Merkel und 16 Jahre Ignorieren der Realitäten wollen Sie mit einem völlig verkürzten Antrag nunmehr reparieren. 16 Jahre Tiefschlaf – und jetzt wachen Sie endlich auf.
Bestes Beispiel: die Aufhebung der Deckelung des Budgets für Arbeit. Wer hat denn diesen Deckel dafür erfunden und wollte ihn unbedingt haben? Das waren Sie, Sie als Unionsfraktion. Die Wahrnehmungsveränderung hätte nach meiner Auffassung viel früher erfolgen müssen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Zur Erinnerung, liebe Kolleginnen und Kollegen: Sie hatten sogar die Chance dazu. Wir hatten am 22. April 2021 einen sehr umfangreichen Antrag vorgelegt, wo es um gute Arbeit für Menschen mit Behinderung geht – Ihre Fraktion hat damals mit Nein gestimmt –, darin sieben Seiten wirkliche Reformen für einen inklusiven Arbeitsmarkt: bessere Beratung und Vermittlung, deutliche Anhebung der Ausgleichsabgabe, Stärkung und Ausweitung der Inklusionsbetriebe, Stärkung der Selbstvertretung und Mitbestimmung von Menschen mit Behinderung, inklusivere Ausrichtung und Neuaufstellung der Finanzierung der Werkstätten, Einführung des Mindestlohns, um Hungerlöhne zwischen 1 und 2 Euro pro Stunde endlich zu beenden. Auch ordentliche Löhne für Menschen mit Behinderung sind eine Form der Anerkennung ihrer täglichen Arbeit.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Was bleibt nun? Die Erkenntnis, dass 16 Jahre lang viel zu wenig für diese Bevölkerungsgruppe getan wurde. Und es bleibt dabei – darauf deuten zumindest bisherige Ankündigungen der neuen Regierungskoalition hin; genannt sei, Sie haben das sehr eindrucksvoll gesagt, die Einführung der vierten Stufe für Nullbeschäftiger –, dass auch hier erst Taten folgen müssen und es nicht nur leere Ankündigungen geben darf.
(Takis Mehmet Ali [SPD]: Kommt!)
Umso wichtiger, liebe Kolleginnen und Kollegen – da haben Sie uns dann natürlich an Ihrer Seite –, ist es, dass wir als Linke gemeinsam mit Ihnen für einen echten inklusiven Arbeitsmarkt weiterkämpfen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)