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Ein Jahr seit der Bundestagswahl: Grüne Ampel für Reiche und Konzerne

Rede von Jan Korte,

Jan Korte am Rednerpult des Bundestages

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Mihalic, da muss man erst mal drauf kommen, Robert Habeck nach diesem Gasumlagedesaster, das hier aufgeführt wurde, als leuchtendes Beispiel für Klarheit und Führung zu preisen. Das ist wirklich selten behämmert; das muss ich schon in aller Klarheit hier so sagen.

(Beifall bei der LINKEN und der CDU/CSU)

Die Freunde der CDU/CSU haben beantragt, heute über Deutschland, ein Jahr nach der Bundestagswahl, zu sprechen. Zunächst möchte ich natürlich über Sie sprechen. Ein Jahr danach sieht die Situation so aus – die Kollegin Mihalic hat es gerade schon gesagt –, dass Ihr Fraktionsvorsitzender Friedrich Merz am Wochenende offenbar zu lange in irgendeinem AfD-Youtube-Channel rumgesurft ist und ukrainische Flüchtlinge als „Sozialtouristen“ diffamiert hat. Und dem ist noch nicht genug. Einige Abgeordnete der CDU/CSU beklagen sich darüber, dass Demokraten den Faschisten in Italien nicht zum Wahlsieg gratulieren wollen. Das ist der Zustand ein Jahr nach der Bundestagswahl. Das ist sehr, sehr traurig, liebe CDU/CSU.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Nun aber zu den eigentlichen Problemen nach einem Jahr dieser Bundesregierung. Ich möchte es sinnbildlich zusammenfassen mit zwei dpa-Meldungen vom 28. September. In der ersten dpa-Meldung konnte man lesen: DAX-Manager mit 25 Prozent Lohnplus. Im Durchschnitt verdienen diese Leute 4 Millionen Euro. Das muss man sich mal reinziehen: 4 Millionen Euro. Das bedeutet, dass diese DAX-Manager im Schnitt 53‑mal so viel verdienen wie ihre Angestellten. Die TU München schreibt dazu: „Der Gehaltsanstieg wurde getrieben durch die Explosion der Gewinne im abgelaufenen Geschäftsjahr.“ Diese Summen sind im Übrigen eine Verhöhnung für jeden, der hart arbeiten geht, um das auch mal in aller Klarheit zu sagen.

(Beifall bei der LINKEN)

Am selben Tag, 20 Minuten später, kam die nächste dpa-Meldung, in der es heißt – ich zitiere –: Mehr als 1 Million Menschen versorgen sich bei den Tafeln. – Dort gibt es übrigens mittlerweile fast flächendeckend Aufnahmestopps, weil sie die Menschen nicht mehr versorgen können. Was sind das nach einem Jahr – das ist Ihre Verantwortung – für perverse Zustände in diesem Land? Was für perverse Zustände!

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Sie – Sie bezeichnen sich ja als „Fortschrittskoalition“; ich glaube, das steht über Ihrem Vertrag – wirklich eine Fortschrittskoalition wären, dann würden Sie ein großes Bündnis und all Ihre Macht in die Waagschale werfen, damit kein Mensch mehr auf Tafeln in diesem reichen Land angewiesen ist, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das ist mal die Sachlage.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann kann ich Ihnen nur empfehlen, also insbesondere auch den FDPlern: Gehen Sie doch mal in einen normalen Discounter, samstagmorgens, zu Aldi oder so. Da sollten Sie mal hingehen.

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Das mache ich!)

– Sie hängen wahrscheinlich meistens in der Delikatessenabteilung im KaDeWe oder so rum.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Lukas Köhler [FDP]: Nein!)

Aber der Austernpreis interessiert mich herzlich wenig.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Da, wo Sahra Wagenknecht ist? Das kann ich mir leider nicht leisten!)

Ich meine das schon ernst: Gehen Sie mal bitte in den Discounter, und dann gucken Sie sich da mal die Menschen an. Die stehen vor dem Kühlregal und überlegen, ob sie sich das Pfund Butter jetzt noch leisten können oder nicht. Dann stehen sie an der Kasse. Man muss doch mal zuhören, wie Menschen miteinander reden. Sie sprechen darüber, dass sie für denselben Preis – sagen wir mal: 50 Euro – bei Aldi oder Lidl – was weiß ich, wo man am Wochenende einkauft – früher einen Wagen voll hatte für die Woche; jetzt ist er nur noch halb voll. Das müssen Sie doch mal zur Kenntnis nehmen, und dieser Koalition fällt dazu überhaupt nichts ein.

Wenn Ihnen überhaupt noch irgendwas einfällt – das gilt übrigens auch für ehemalige Bundespräsidenten, die im Jahr 250 000 Euro Ehrensold bekommen –, dann kommen Sie mit zynischen Spartipps, wie zum Beispiel der große Waschlappenhinweis des politischen Waschlappens Kretschmann, und sagen: Spart mal bitte!

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Ingrid Nestle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was soll das?)

Wie wirkt das denn bitte auf Leute, die schon ihr Leben lang sparen müssen? Was für ein Zynismus! Das ist wirklich nicht zu fassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Insofern haben wir nicht nur ein Armutsproblem, sondern wir schlittern in ein grundsätzliches Demokratieproblem rein. Das scheint ja bei einigen hier überhaupt gar nicht anzukommen.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ihre Fraktion hat ein Demokratieproblem!)

Noch mal ganz grundsätzlich: Ein grüner Minister lädt die Bosse ein, um eine Verordnung zur Gasumlage zu schreiben, was übersetzt heißt: Da kommen die Bosse und Unternehmer und schreiben in eine Verordnung der Bundesregierung, wie viel die Bevölkerung jetzt zahlen soll, damit sie ihre Gewinne irgendwie klarhaben. Das ist die Sachlage. Da packst du dir doch an den Kopf, was hier eigentlich los ist!

(Beifall bei der LINKEN)

Auf der anderen Seite – ich will einen konstruktiven Vorschlag machen – könnte man doch mal die Wohlfahrtsverbände, die Volkssolidarität, die AWO, einladen, dass sie vielleicht mal eine Verordnung schreiben, wie man dem 1 Prozent der Reichsten in diesem Land etwas abnehmen kann, um es den Armen zu geben. Das wäre doch vielleicht etwas ganz Neues.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn 1 Prozent in diesem Land besitzt ein Drittel des gesamten Vermögens.

(Zuruf des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD])

Nun verstaatlichen Sie – um damit abzuschließen – Uniper. Dazu kann ich Ihnen nur gratulieren. Das ist der richtige Weg. Aber bitte jetzt nicht halb machen, sondern wenn Sie jetzt schon dabei sind: Es ist an der Zeit, die Energieversorgung in diesem Land –

– endlich wieder im Sinne der Demokratie und der Menschen in öffentliche Hand zu übertragen. Übersetzt gesagt: zu verstaatlichen.

(Beifall bei der LINKEN)

Dafür werden wir kämpfen; denn nur so können wir die Demokratie schützen und Armut bekämpfen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)