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Keine soziale Ausgrenzung bei der Einbürgerung!

von Gökay Akbulut,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Ampelkoalition hat endlich vergangene Woche einen Gesetzentwurf für eine Reform des Staatsbürgerschaftsrechts vorgelegt. Unser Einbürgerungsrecht wird schon lange nicht mehr den Anforderungen an eine moderne Einwanderungsgesellschaft gerecht. Wir müssen bestehende Hürden abbauen, damit Eingewanderte, die dauerhaft in Deutschland leben, sich einfach einbürgern lassen können.

Deshalb habe ich überhaupt kein Verständnis für die Kritik der Union. Seit Monaten pöbelt und hetzt sie gegen die Reform des Einbürgerungsrechts. Von Verramschen der Staatsbürgerschaft war bereits die Rede. Thorsten Frei, der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, bezeichnete erleichterte Einbürgerung als falsches Signal in die Welt. Das ist ein Schlag ins Gesicht all jener Menschen, Herr Frei, die seit Jahren hier leben und einen Teil unserer Gesellschaft bilden.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

In einer Zeit, in der rassistische Übergriffe an der Tagesordnung sind, gießen Sie damit Öl ins Feuer, und das ist einfach unverantwortlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Deutsch sein ist kein Privileg, und der deutsche Pass ist nichts, was man sich verdienen muss. Sie sollten sich von Ihren völlig veralteten Vorstellungen über die Staatsbürgerschaft endlich verabschieden und im Jahr 2023 ankommen.

Und ich muss sagen: Es ist ziemlich schräg, dass die Union ein Bundesprogramm für Patriotismus für Ausländer und Ostdeutsche fordert. Ich denke, dass ein Bundesprogramm für die Durchsetzung der Interessen der Ostdeutschen und der Migrantinnen und Migranten dringend notwendig ist in Deutschland, damit auch der Rassismus konsequent bekämpft wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, eine Reform des Einbürgerungsrechts ist notwendig, da fast 12 Millionen Personen ohne deutschen Pass in unserer Gesellschaft leben. Sie dürfen nicht wählen und sind dadurch von politischer Teilhabe komplett ausgeschlossen. Ein Drittel davon, also rund 4 Millionen Menschen, lebt seit über 20 Jahren hier in Deutschland. Keine Demokratie kann es sich auf die Dauer leisten, so viele Menschen von politischen Entscheidungen auszuschließen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb müssen wir auch aus demokratischen Erwägungen heraus zu mehr Einbürgerung kommen. Die Kommunen und die Bundesländer gehen hier seit Jahren mit gutem Beispiel voran und führen erfolgreiche Einbürgerungskampagnen durch. Vielleicht sollten Sie sich auch das mal anhören, Frau Lindholz.

(Beifall bei der LINKEN)

Dabei geht es um die politische Integration von Migrantinnen und Migranten und um die Stärkung der demokratischen Institutionen. Nur dadurch, dass wir mehr Menschen an politischen Entscheidungen beteiligen, schaffen wir eine größere Akzeptanz für staatliche Einrichtungen und stärken auch unsere Demokratie.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb begrüße ich es, dass im Gesetzentwurf nun vorgesehen ist, dass die Mehrstaatlichkeit grundsätzlich eingeführt wird und die Wartezeit von acht auf fünf Jahre verkürzt wird.

Ich habe aber auch eine Kritik an dem Entwurf. Auch wenn die Ampelparteien sich hier groß dafür feiern: Die Staatsbürgerschaft soll immer mehr vom wirtschaftlichen Status abhängen. Die Einbürgerungsvoraussetzung, dass man selbst in der Lage sein muss, für seinen Lebensunterhalt aufzukommen, wird drastisch verschärft.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Aha!)

Bisher ist es nämlich so, dass ein unverschuldeter Bezug von Transferleistungen – zum Beispiel, weil man wegen einer Krankheit oder Behinderung nicht arbeiten kann oder weil man in Ausbildung ist oder die Schule besucht – kein Hindernis bei der Einbürgerung dargestellt hat.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Das hat Frau Lindholz doch ganz anders gesagt!)

Diese Ausnahmen werden nun bis auf ganz wenige Fälle in diesem Entwurf komplett zusammengestrichen. Das ist eine soziale Arroganz, die für uns als Linke einfach nicht akzeptabel ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Es darf einfach nicht sein, dass der Einbürgerungsantrag abgelehnt wird, weil jemand alleinerziehend und deshalb auf Transferleistungen angewiesen ist oder weil die Rente nicht reicht und mit der Grundsicherung aufgestockt werden muss. Diese Verschärfungen im Entwurf müssen zurückgenommen werden. Eine Einbürgerung sollte nicht von Einkommensverhältnissen abhängig sein. Dafür werden wir Linke uns in den Beratungen zu diesem Gesetzentwurf einsetzen, damit wir auch wirklich zu einem modernen Einwanderungsland werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Awet Tesfaiesus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])