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Hoffnung auf gutes Wetter ist keine Strategie für eine Energiekrise!

Rede von Christian Leye,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was für ein Chaos! Zuerst lassen Sie sich ein Gesetz von den Energiekonzernen schreiben, damit die Bürger für deren Ausfälle mit der Gasumlage blechen sollen. Dann wollen Sie die Umsatzsteuer auf die Gasumlage weglassen, damit Ihnen niemand vorwerfen kann, dass der Staat daran auch noch verdient. Dann muss Ihnen die EU sagen: Das dürfen Sie gar nicht. – Also beschließen Sie eine Umsatzsteuerreduzierung bei Gas und verkaufen das als einen großen Ausgleich zur Gasumlage, verschweigen aber, dass ein Drittel der Haushalte trotzdem draufzahlen muss. Dann machen Sie das Ganze auch noch so schlecht, dass gar nicht alle Gaskunden einbezogen sind.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: In die andere Richtung müssen Sie gucken!)

Und dann erwarten Sie, dass die Konzerne die Steuersenkung eins zu eins weitergeben, obwohl wir doch beim Tankrabatt gelernt haben, dass das nicht funktioniert, wenn es bei Konzernen um viel Geld geht. Schließlich, nur zwei Tage vor der Einführung der Gasumlage, fällt der Groschen, und Sie beerdigen diese Schnapsidee endlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, es ist gut, dass die Mehrwertsteuersenkung die Menschen entlastet, und es ist gut, dass Sie auch durch Druck aus meiner Fraktion aufgenommen haben, dass Fernwärme einbezogen wird. Aber wegen dieses Chaos und wegen der handwerklichen Schnitzer werden wir uns heute enthalten müssen.

Halten wir fest: In der schlimmsten Energiekrise der Bundesrepublik spielt die Ampelregierung absoluten Kreisligafußball, und die Hälfte der Mannschaft weiß nicht mal, auf welches Tor sie schießen soll, meine Damen und Herrn.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben hier den Gaspreisdeckel gefordert: Sie haben geschimpft; jetzt übernehmen Sie die Idee. Wir haben hier eine Übergewinnsteuer gefordert: Sie haben geschimpft; jetzt übernehmen Sie die Idee zum Teil und nennen es eine Strompreisbremse. Wir haben hier eine staatliche Preiskontrolle gefordert: und wie Sie geschimpft haben! Ich prognostiziere Ihnen: Sie werden bei einem Gaspreisdeckel eine Preiskontrolle einführen müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Oder wollen Sie den Energiekonzernen die Milliarden einfach so überweisen, ohne zu gucken, ob das seine Richtigkeit hat? Und wo wir gerade dabei sind: Wir haben gegen die Schuldenbremse geredet. Sie haben dagegengehalten, und heute ist die Schuldenbremse faktisch tot. Sie ist tot; sie ist beerdigt! Die Trauergäste sind auf dem Weg nach Hause, nur Christian Lindner steht noch an ihrem Grabe und versucht, sich mit ihr für 2023 zu verabreden. Tragisch ist das! Herr Lindner, nehmen Sie Abschied.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch wenn Sie unsere Konzepte teilweise übernehmen, die Wahrheit ist doch: Winter is coming. Und Sie haben keine vernünftige Strategie für die kalte Jahreszeit. Und warum nicht? Noch im Juni erklärte Minister Habeck, eine Deckelung der Preise sei bei einem knappen Gut das Signal, Energie sei nicht wertvoll. Haut raus, was ihr wollt! – Das heißt übersetzt: Sie wollten die hohen Preise, damit die Menschen sich das Heizen nicht leisten können, damit sie Gas sparen, weil nicht genug Gas da ist. Das heißt aber im Umkehrschluss: Wenn Sie jetzt Ihre Strategie ändern, wenn Sie den Gaspreisdeckel vernünftig machen, steht die Frage im Raum: Haben wir in diesem Wirtschaftskrieg eigentlich genug Gas für alle? Werden wir im Winter genug Gas für alle haben, ja oder nein?

Sie hoffen auf einen warmen Winter in Deutschland. Und Sie hoffen auf einen warmen Winter in Norwegen. Die größte Volkswirtschaft Europas hofft auf eine gute Wetterprognose,

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Mit Ihrem Freund Putin!)

damit hier nicht das Licht ausgeht und damit hier nicht Tausende Menschen ihre Arbeitsplätze verlieren.

(Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich sage Ihnen etwas, was da draußen alle Menschen schon wissen: Das Hoffen auf eine gute Wetterprognose ersetzt keine Strategie in der Energiekrise.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sage Ihnen noch etwas: Dieser Wirtschaftskrieg geht für die eigene Bevölkerung immer mehr nach hinten los.

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: 91 Prozent Speicherfüllung! – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kenne da draußen außerhalb der Politikblase nicht einen einzigen Menschen, der nicht weiß, dass der russische Überfall auf die Ukraine, der Wirtschaftskrieg und die aktuelle Energiekrise zusammengehören.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, was? Jetzt weiter! Das wissen wir alles!)

Alle Menschen wissen das. Sie werden über die Sanktionen reden müssen.

(Timon Gremmels [SPD]: Sie müssen Ursache und Wirkung noch mal benennen!)

Sie halten das in diesem Winter politisch nicht durch; das fliegt Ihnen um die Ohren.

(Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen uns spalten!)

Ich komme zum Schluss. Diese Gesellschaft braucht Heizung, Brot und Frieden! Heizung, Brot und Frieden: Darum geht es in diesem Winter.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da war viel Wut im Spiel!)