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Energiekosten senken – Industriestandort Deutschland schützen

Rede von Amira Mohamed Ali,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundeskanzler, Sie und Ihre Regierungsmitglieder nennen sich ja selbst gern „Fortschrittskoalition“. Leider ist das Einzige, was in unserem Land ernsthaft voranschreitet, die Spaltung der Gesellschaft. Millionen Menschen wissen nicht mehr, wie sie ihr ganz normales Leben bezahlen sollen. Unserer Wirtschaft droht eine schwere Rezession.

In Ihrer Regierung aber herrscht das Chaos. Wenn es darum geht, die Bevölkerung wirksam zu entlasten, dann wird endlos gezögert und gezaudert. Was dabei herauskommt, ist meistens Murks: Chaos und Murks bei Ihren spärlichen Entlastungspäckchen, Chaos im Umgang mit Christian Lindners heiliger Kuh, der Schuldenbremse. Und auch die Atomkraftdebatte hat wieder gezeigt, dass es Ihnen vor allem darum geht, den jeweiligen Befindlichkeiten Ihrer Minister gerecht zu werden, und eben nicht um die Belange der Bevölkerung. Aber das geht so nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Man stelle sich einmal vor, Sie hätten all die Stunden, die Sie sich sinnlos gestritten haben, dafür genutzt, die Menschen wirksam vor der Preisexplosion zu schützen, indem Sie zum Beispiel den versprochenen Strompreisdeckel oder einen vernünftigen Gaspreisdeckel eingeführt hätten, und zwar jetzt und nicht am Ende der Heizperiode im März. Was ist das denn?

Auch heute haben Sie sich wieder für Ihre lächerlichen Entlastungspäckchen gelobt.

(Christian Schreider [SPD]: Frechheit! Fahren Sie mal ein bisschen runter!)

Ich möchte Ihnen dazu eines sagen: Sie als Norddeutscher sollten doch wissen, dass es nicht reicht, den Deich auf 2 Meter bei 10 Meter Hochwasser aufzuschütten. Da braucht es mehr, um die Katastrophe zu verhindern; das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen sofort einen Energiepreisdeckel für Verbraucherinnen und Verbraucher genauso wie für die kleinen und mittelständischen Unternehmen, und zwar auf bezahlbarem Niveau. Außerdem müssen alle Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen wirksam entlastet werden. Wir wollen 1 500 Euro Wintergeld pro Haushalt plus 600 Euro für jedes weitere Haushaltsmitglied; das würde wirklich etwas bringen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Sie sagen, dass dafür kein Geld da sei, dann ist das einfach Quatsch. Besteuern Sie endlich die perversen Übergewinne der Energiekonzerne! Die liegen schon jetzt bei über 100 Milliarden Euro. Außerdem: Führen Sie endlich eine gerechte Vermögensteuer ein! Ich meine, wenn Sie trotz dieser existenziellen Krise immer noch nicht bereit sind, die Superreichen gerecht zu besteuern, dann regieren Sie einfach an den Belangen der Mehrheit vorbei. So ist das leider.

(Beifall bei der LINKEN)

Außerdem muss selbstverständlich die Schuldenbremse auch im nächsten Jahr ausgesetzt werden. Alles andere ist unverantwortlich. Vernunft vor Ideologie, das muss auch in der Finanzpolitik endlich gelten.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Präsident der Chemieindustrie warnt davor, Deutschland könne „vom Industrieland zum Industriemuseum“ werden. In der Stahlbranche droht aktuell Tausenden Arbeiterinnen und Arbeitern der Arbeitsplatzverlust; denn wenn sich die Lage nicht bald deutlich verbessert, dann wird die Produktion nach und nach in Länder mit geringeren Energiekosten verlagert werden. Das darf nicht passieren, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch Ihre außenpolitische Bilanz ist leider ernüchternd. Seit bereits fast acht Monaten tobt Putins schrecklicher Krieg in der Ukraine. Es muss doch endlich auch bei Ihnen die Erkenntnis gereift sein, dass dieser Krieg nicht weiter eskalieren darf. Nein, er muss möglichst schnell beendet werden, und das geht nur über Verhandlungen. Ja, es braucht jetzt Diplomatie statt Waffenlieferungen.

(Beifall bei der LINKEN – Christian Dürr [FDP]: Das ist doch das gleiche Narrativ! Sie gehen denen doch auf den Leim, Frau Mohamed Ali!)

Es geht eben nicht – das möchte ich mal in aller Deutlichkeit sagen –, dass denjenigen, die das aussprechen, was vernünftig ist,

(Christian Dürr [FDP]: Nein! Sie gehen denen auf den Leim!)

unterstellt wird, dass sie Verständnis für Putin hätten. Das ist einfach Blödsinn. Es trägt zum Geschäft von genau denen bei,

(Christian Dürr [FDP]: Ja, das sage ich doch! Sie wiederholen deren Thesen!)

die diese Argumente für ihre Hetze instrumentalisieren. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist instrumentell. Sie sind doch sonst immer für Aufrüstung und Militarisierung. Nein, unsere Haltung ist da konsequent: Nur Diplomatie und Vernunft sind der richtige Weg.

(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist naiv! Naiv und verantwortungslos! – Christian Dürr [FDP]: Erzählen Sie das jemandem, der der Waffe ins Gesicht schaut! – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Unglaublich!)

Das Gleiche gilt übrigens auch für die berechtigte Kritik an den allgemeinen Wirtschaftssanktionen. Fakt ist: Diese Sanktionen schaden Deutschland, der EU und den Ländern des Globalen Südens enorm; Russlands Kriegsmaschinerie rollt aber unbeeindruckt weiter.

(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist russische Propaganda! – Gegenruf des Abg. Jan Korte [DIE LINKE]: Na klar! Wenn man nicht für Ihre Waffenlieferungen ist, ist das Propaganda, oder was? So ein Bullshit!)

Die russische Wirtschaft ist weiterhin stabil. Herr Scholz, Sie selbst haben versprochen, es würde keine Sanktionen geben, die uns mehr schaden als Russland. Handeln Sie endlich danach!

(Beifall bei der LINKEN)

Bevor Sie uns jetzt wieder mit Ihrer angeblichen wertebasierten Außenpolitik kommen:

(Christian Schreider [SPD]: Was ist denn euer Vorschlag?)

Sie unterhalten beste Beziehungen zu Diktaturen, wie zum Beispiel nach Saudi-Arabien. Dahin liefern Sie jetzt sogar Kampfjets – Kampfjets, mit denen die saudische Luftwaffe systematisch Zivilisten im Jemen bombardiert.

(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Ja, jetzt lenken Sie wieder ab! – Gegenruf der Abg. Heidi Reichinnek [DIE LINKE]: Scheinheilig seid ihr!)

In diesem schrecklichen Krieg sind bereits 400 000 Zivilisten ermordet worden, und das Sterben geht weiter.

Ihre Außenministerin, Annalena Baerbock, sagt dazu allen Ernstes, man müsse ja nun mal die Bündnisverpflichtungen erfüllen und ohne diese Lieferungen der Kampfjets an Saudi-Arabien müsse Deutschland im sozialen Bereich noch mehr sparen. „Kampfjets für die Kindergrundsicherung“, so stand es treffend im „Spiegel“. Wie zynisch ist das denn?

(Beifall bei der LINKEN)

Und wie zynisch ist das eigentlich den Kindern im Jemen gegenüber? Nein, Menschenrechte müssen immer und überall gelten, eben nicht nur da und dann, wenn es Ihnen geopolitisch in den Kram passt.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)