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Lange genug geredet – Wahlrechtsreform endlich umsetzen!

Rede von Amira Mohamed Ali,

Amira Mohamed Ali am Rednerpult des Bundestages

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Bereits in der letzten Wahlperiode hätte eine Wahlrechtsreform auf den Weg gebracht werden können, die den Namen auch verdient. Das ist versäumt worden. Dabei lag ein sehr guter, praktikabler Vorschlag von Grünen, FDP und Linken vor. Danach – das hat der Kollege Steffen richtig gesagt – wäre die Zahl der Direktwahlkreise maßvoll von 299 auf 250 reduziert worden, mit dem Ergebnis, dass ein Großteil der Überhangs- und Ausgleichsmandate weggefallen wäre. Das würde verhindern, dass sich der Bundestag immer stärker aufblähen kann.

Die damalige Bundesregierung aus Union und SPD ist diesem Vorschlag nicht gefolgt. Dass der jetzige Bundestag nicht auf eine Größe von über 1 000 Abgeordneten aufgeblasen wurde, wie es lange befürchtet worden ist, war nur dem Umstand geschuldet, dass sich die Direktmandate am Ende doch relativ gleich auf die größeren Parteien verteilt haben. Das hätte auch anders ausgehen können.

Trotzdem haben wir heute den größten Bundestag aller Zeiten, und zu Recht sind viele Bürgerinnen und Bürger darüber empört.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn schließlich hat ein immer größerer Bundestag auch immer größere Kosten zur Folge. Und wenn man bedenkt, wofür alles angeblich kein Geld da ist – für Luftfilter in Schulen, für einen Bonus für alle Pflegekräfte oder auch, ganz aktuell, für effektive Entlastung der Bürgerinnen und Bürger bezüglich der explodierenden Energiepreise, zum Beispiel durch die Absenkung der Mehrwertsteuer –, wenn man das alles bedenkt, dann ist diese Empörung wirklich mehr als nachvollziehbar.

(Beifall des Abg. Ralph Lenkert [DIE LINKE])

In der letzten Wahlperiode hieß es vonseiten der SPD immer, dass eine wirkliche Wahlrechtsreform mit der Union nicht zu machen sei. Wir wissen ja alle: Die Union ist nicht mehr in der Regierung. Jetzt müsste doch eigentlich der Weg frei sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber jetzt soll erst mal wieder eine Kommission gebildet werden. In der letzten Wahlperiode gab es die schon mal. Rausgekommen ist dabei nichts. Besser wäre es doch, jetzt den vorliegenden, fertigen Gesetzentwurf zur Wahlrechtsreform von Grünen, FDP und Linken zur Grundlage der Debatte zu machen; das wäre doch ganz einfach.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Gute Idee!)

Ich bin froh, dass der Kollege Steffen das gesagt hat; das habe ich auch mit Freude zur Kenntnis genommen. Der Kollege von der SPD hat das nicht erwähnt, im Antrag kann man darüber auch nichts lesen. Die FDP hat das nur als einen Vorschlag von vielen bezeichnet. Das überzeugt mich jetzt nicht so sehr, klingt für mich nicht nach entschlossenem Handeln, sondern das klingt für mich danach, dass wir wieder befürchten müssen, dass wir sehr lange Debatten mit ungewissem Ausgang haben werden. Das darf aber nicht wieder passieren, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Für uns als Linke gilt weiterhin, dass wir eine sinnvolle Reform des Wahlrechts befürworten. Selbstverständlich. Wichtig ist für uns, dass das fair und ausgewogen geschieht. Keine Partei darf durch die Reform begünstigt werden. Die Reduzierung der Mandate muss von allen getragen werden.

(Beifall der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])

Was wir nicht mitmachen werden – das kann ich Ihnen jetzt schon sagen –, ist eine Entwertung von Zweitstimmen, wie es Teilen der Union, die das fordern, immer wieder mal vorschwebt. Das ist schlicht verfassungswidrig.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Schluss möchte ich sagen: Es war einmal gute Tradition, Änderungen zum Wahlrecht hier gemeinsam zu bearbeiten und mit breiter Mehrheit zu beschließen. Das ist auch notwendig; denn das Wahlrecht darf nicht dem Verdacht ausgeliefert sein, je nach politischer Wetterlage angepasst zu werden. Die letzte Bundesregierung hat mit dieser Tradition gebrochen.

(Ansgar Heveling [CDU/CSU]: Das stimmt nicht!)

Bitte wiederholen Sie nicht diesen Fehler.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)