Zum Hauptinhalt springen

Rassistische Empörung verhindert ernsthafte Lösungen

Rede von Martina Renner,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Inhaltlich ist doch eigentlich alles klar: Organisierte Kriminalität muss bekämpft werden, zuerst einmal, weil Organisierte Kriminalität den Rechtsstaat aushöhlt, aber auch hohe wirtschaftliche Schäden verursacht. Darüber hinaus haben Geldwäsche, Waffen- und Drogenhandel nicht selten auch einen Link zur politischen Kriminalität, zur Terrorfinanzierung.

Darüber müsste Sicherheitspolitik reden, das Strafrecht und die Arbeit der Sicherheitsbehörden evaluieren. Ich erinnere mich gut: Es gab Zeiten, da hat sich die CDU/CSU ernsthaft mit solchen Themen beschäftigt. Diese Zeiten sind vorbei.

(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)

Spätestens seit Beginn dieser Legislatur beackern Sie das Feld nicht mehr aus der Perspektive einer für mich falschen, aber berechtigten seriösen konservativen Sicherheitspolitik, sondern in einer klaren rechtspopulistischen Art und Weise.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will das gerne erläutern. Mit diesem Antrag und mit vielen weiteren ihrer parlamentarischen Initiativen bespielt die CDU/CSU den Kanon jeglicher politischer Erregungsthemen in einer Schlagzahl, die selbst die AfD in den Schatten stellt. Warum ist das gefährlich? Der hier stattfindende Überbietungswettbewerb – ich bin im Innenausschuss, ich bekomme das jede Sitzungswoche mit –, soziale und innenpolitische Themen an die Frage der Herkunft zu koppeln,

(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auf die Idee muss man erst mal kommen!)

hat zur Folge, echte Problemlösung durch die Abwertung von Minderheiten zu ersetzen – Stichwort „Rassismus“.

(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig! Das geht nicht!)

Schauen Sie in Ihren Antrag: Da steht die Unterstellung drin, dass migrantische Familien ihrem Erziehungsauftrag nur mangelhaft nachkommen würden. Sie drohen sogar in Richtung dieser migrantischen Familien. Da steht der Rassismus in Wort und Schrift.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nicole Gohlke [DIE LINKE])

Es ist aber nicht nur die Ersetzung von Realpolitik durch irreale Angstpolitik. Nein, mit der Übernahme der Themen, die die AfD versucht zu setzen – deren Antrag hatten wir diese Woche erst im Innenausschuss –, macht man sich zum relevanten Teil rechten Agenda-Settings.

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das glauben Sie doch selber nicht!)

Da ist die CDU/CSU mittlerweile mit dabei.

(Enrico Komning [AfD]: Sie meinen das doch gar nicht ernst!)

Ein paar Zahlen, um das zu verdeutlichen: Ihre Fraktion hat im Innenausschuss in dieser Legislatur 40 Anträge und Berichtsersuchen zum Thema „Flucht und Migration“ gestellt,

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ja!)

aber nicht einfach zu Flucht und Migration, sondern immer mit dem Fokus auf Entrechtung der Geflüchteten,

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Nein!)

auf Abschiebung, auf Grenzregime. Damit überflügeln Sie sogar die AfD mit 24 dieser entsprechenden Anträge.

(Mechthilde Wittmann [CDU/CSU]: Wollen Sie jetzt mal zu Clankriminalität sprechen?)

Und dann gibt es dieses Synchronschwimmen. Dieses Synchronschwimmen muss Ihnen doch Angst machen. Sie schwimmen synchron bei den Themen Klimabewegung, Linksextremismus, dem sogenannten politischen Islam. Und Sie schwimmen auch synchron bei der Bekämpfung der sogenannten Clankriminalität.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Haben Sie auch zur Sache noch was zu sagen?)

Das ist meiner Meinung nach alles kein Zufall mehr.

Ob Sie bei dieser Schwerpunktsetzung der irrigen Annahme aufsitzen, dass man die extreme Rechte durch die Übernahme von deren Themen

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Nein! Es sind die Themen der Menschen! Darum liegen Sie unter 5 Prozent! Weil Sie das nicht verstehen!)

schwächen könnte, ob Sie auf deren Stimmen zielen – ich weiß es nicht. Oder ist das die Vorstufe zur inhaltlichen Zusammenarbeit? Thüringen lässt grüßen! Ich weiß es nicht. Aber egal, ob es das eine oder das andere ist: Es ist auf jeden Fall gefährlich für die Demokratie.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das war jetzt der Beitrag zur Clankriminalität!)