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Persönliche Erklärung zur Abstimmung zum Eurorettungsfonds

Rede von Johanna Regina Voß,

Meine Fraktion DIE LINKE. und ich lehnen die Aufstockung und Ausweitung der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) ab, denn damit wird ein marktradikales und gescheitertes Krisenmanagement fortgesetzt, das die soziale und wirtschaftliche Spaltung der Eurozone und der EU weiter vertieft.

Ich wende mich entschieden gegen diese Politik des sozialen Kahlschlags, die mit Hilfe des Rettungsschirms diktiert wird. Die Länder, die sich unter den Rettungsschirm begeben, werden zu Kürzungen gezwungen, die auf demokratischem Wege niemals durchsetzbar wären. Während sich alle Welt zum Richter über Griechenland aufschwingt und Frau Merkel nicht müde wird zu betonen, die Griechen müssten sich noch mehr anstrengen, wird völlig übersehen, was der griechischen Bevölkerung alles abverlangt wird. Als Gegenleistung für die Finanzhilfen aus der EU mussten sie unter anderem die Mehrwertsteuer von 19 auf 23% erhöhen, die Renten kürzen, das Rentenalter erhöhen, die Preise für den öffentlichen Nahverkehr um 30% erhöhen, die öffentlichen Investitionen um 1,2 Milliarden Euro kürzen, die Mindestlöhne senken und den Kündigungsschutz lockern. Für Portugal und Irland sieht es ähnlich aus.
Ich lehne das Gesetz ab, denn der Rettungsfonds ist von den Banken diktiert und nützt nur ihnen nicht Europa, nicht Griechenland. Schon die bisherige Euro-Rettung hat die Ausweitung der Krise nicht verhindert, im Gegenteil: Die Banken und Finanzinvestoren wurden geschützt. Doch den Krisenländern warfen die Regierungen der Eurozone, die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank und der IWF Rettungsringe aus Blei zu: Die an die Hilfskredite aus dem Rettungsschirm geknüpften radikalen Kürzungsauflagen würgten die Binnenkonjunktur der Krisenländer ab, verhinderten eine nachhaltige Erholung der Wirtschaft und verschärften die Schuldenkrise. Die Ursachen der Krise wurden vollständig ausgeblendet. Die Finanzmärkte wurden durch die „Rettungsmaßnahmen“ nicht beruhigt; es wird weiter gegen Krisenstaaten spekuliert. Bereits jetzt gehen Expertinnen und Experten und sowie Finanzmarktakteure davon aus, dass auch die aufgestockte EFSF nicht ausreichen wird.

DIE LINKE lehnt den erweiterten Euro-Rettungsschirm ab, denn der neoliberale Kurs wird beibehalten, anstatt Konsequenzen aus der gescheiterten Politik zu ziehen. In den Krisenländern bezahlen Beschäftigte, Rentner/innen und andere Bevölkerungsgruppen mit Lohn- und Rentenkürzungen und dem größten Sozialabbau der europäischen Nachkriegsgeschichte dafür, dass private Banken weiter spekulieren. In Deutschland werden die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Haftung für die milliardenschweren Garantien genommen.

Diese Politik ist ungerecht, weil sie die Umverteilung von unten nach oben beschleunigt und so eine zentrale Krisenursache fortschreibt. Sie ist ökonomisch gefährlich, weil die Spardiktate eine ökonomische Belebung der Krisenländer verhindern und keine effektiven Maßnahmen zur Überwindung der wirtschaftlichen Ungleichgewichte in Eurozone und EU vorgesehen sind. Sie gefährdet zunehmend die europäische Integration: Rechtspopulistische Parteien, die die Ängste und die Wut der Menschen gegen Spardiktate in europafeindliche und nationalistische Propaganda kanalisieren, sind in vielen Ländern auf dem Vormarsch. Das Argument der Koalition – auch von SPD und Grünen - es gehe mit dem Rettungsschirm darum, „Europa zu retten“ ist daher schlicht falsch.

Solange die Finanzmärkte nicht strikt reguliert, Banken nicht vergesellschaftet und die Staatsfinanzierung nicht von den Kapitalmärkten abgekoppelt wird, ist die Krise nicht unter Kontrolle zu bringen.

Statt einer weiteren "Rettung" müssen die öffentlichen Haushalte aus der Abhängigkeit von den Kapitalmärkten befreit werden. Dazu müssen die Staaten die Möglichkeit bekommen, über eine Europäische Bank für öffentliche Anleihen zinsgünstige Kredite bei der EZB aufzunehmen. Gleichzeitig ist der Schuldenstand durch eine Beteiligung der Banken und privaten Gläubiger sowie durch eine europaweite Vermögensabgabe für Millionäre drastisch zu senken. Nur so können die Profiteure und Verursacher der Krise angemessen zur Kasse gebeten werden.

Das europäische Projekt hat nur dann eine Zukunft, wenn es sozial gerecht, wirtschaftlich vernünftig und demokratisch gestaltet wird. Da die „Euro-Rettung“ in genau die entgegengesetzte Richtung weist, kann ich dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus nicht zustimmen.“