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Pendlerpauschale anheben, gesetzliche Benzinbremse einführen

Rede von Klaus Ernst,

Ihr führt eine Neiddiskussion, oder? (Zuruf von der CDU/CSU: Porsche-Klaus!)

Klaus Ernst (DIE LINKE):

Meine sehr verehrten Damen und Herren, seit Januar 2004 sind die Kraftstoffpreise um satte 53 Prozent gestiegen. Das müsste auch Ihnen von der FDP aufgefallen sein.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ein 911er braucht ja besonders viel! - Weitere Zurufe)

Allein zwischen dem 20. Dezember 2011 und Februar 2012 - also in zwei Monaten - hat sich der Preis für Superbenzin um 10,5 Prozent erhöht. An den Tankstellen findet eine Abzocke statt. Wenn man heute tankt, hat man den Eindruck, man habe die Beteiligung an einem Ölkonzern erworben. Ich habe den Eindruck, dass wir hier im Bundestag im Interesse der Bürgerinnen und Bürger des Landes eingreifen müssen.

(Beifall bei der LINKEN – Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Rohstoff wird immer knapper!)

Ursache für diese Situation ist zum einen die ungehemmte Spekulation an den Rohstoffmärkten und zum Zweiten die Tatsache, dass wir in der Bundesrepublik Deutschland im Bereich der Rohstoffe, bei Benzin und bei Öl, keinen Wettbewerb haben.

Ich zitiere Herrn Andreas Mundt, den Präsidenten des Bundeskartellamtes, der gegenüber der Rheinischen Post am 23. Februar 2012 gesagt hat:

Der Markt wird von fünf großen Mineralölkonzernen gemeinsam beherrscht, die sich gegenseitig wenig Wettbewerb machen.
Das Ergebnis sind diese Preise. Das Ergebnis ist vor allem eine Abzocke bei den Menschen, die tanken müssen. Das ist nicht mehr akzeptabel.

(Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die sollen Bus und Bahn fahren!)

Die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass wir als Abgeordnete einschreiten und nicht zuschauen. Wir sind nicht gewählt, um zu beobachten, sondern um zu handeln.

(Beifall bei der LINKEN - Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gibt es bald auch Lebensmittelkarten?)

Deshalb haben wir in unserem ersten Antrag gefordert, dass die Benzinpreise künftig überwacht werden.

(Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU): Zuteilen! - Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Festsetzen wollen Sie die Benzinpreise!)

Das sollte in der Weise passieren, dass Benzinpreise angemeldet werden müssen und dass ihnen zugestimmt werden muss.

(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)

Ihnen, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, empfehle ich, das in ihren Wahlkreisen zu diskutieren. Die Menschen vor Ort sehen das nämlich deutlich anders als Sie, die Sie hier absolut unqualifizierte Zwischenrufe machen. Das möchte ich Ihnen auch einmal sagen.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von der FDP: Mit staatlicher Preisfestsetzung haben Sie 40 Jahre Erfahrung!)

- Ihr fordert doch dauernd: Mehr Netto vom Brutto! Was wollt Ihr denn eigentlich? Ihr betreibt doch, um es einmal deutlich zu sagen, Volksverdummung in höchster Vollendung, wenn Ihr nicht für unseren Ansatz seid.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von der FDP: Das betrifft aber Steuern und nicht Benzinpreise!)

Dann kommen wir zum nächsten Antrag, der sich mit genau diesem Thema beschäftigt: Wir wollen, dass insbesondere Berufspendler von der bereits erfolgten Abzockerei wenigstens zum Teil entlastet werden. Zurzeit müssen Beschäftigte für ihren Weg zur Arbeit immer mehr zahlen; vom Einkommen bleibt immer weniger übrig. Ich habe das einmal ausgerechnet. Eine ungelernte Arbeitnehmerin, die bei Bosch in Bamberg arbeitet - ich nenne sie einmal Angela Fleißig -, verdient in Lohngruppe 2 circa 2 400 Euro brutto. Sie muss flexibel zur Arbeit kommen, weil sie auf Schichtarbeit angewiesen ist. Sie gehört der Steuerklasse I an und verdient somit netto 1 550 Euro. Wenn sie von Weißenbrunn nach Bamberg zur Arbeit fährt, sind das, einfache Strecke, 62 Kilometer. Bei einem Standardauto mit einem Verbrauch von 6,4 Litern auf 100 Kilometer bedeutet das,

(Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU): Porsche braucht viel mehr! - Otto Fricke (FDP): 6,5 Liter schafft Ihr Porsche inzwischen! - Weiterer Zuruf von der FDP: 6,4 Liter? Was ist denn das für ein Auto?)

dass sie der Benzinpreis lag im Januar 2004 bei 1,06 Euro; inzwischen, im März 2012, liegt er bei 1,65 Euro Kosten von 265 Euro zu tragen hat; im Januar 2004 hätten die Kosten noch bei 170 Euro gelegen. Für diese Mitarbeiterin von Bosch - ich weiß, dass Sie das nicht interessiert, weil es nicht Ihre Klientel ist -
(Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Das kann ja wohl nicht wahr sein!)

bedeutet das, dass sie rund 17 Prozent ihres Einkommens für Benzin ausgeben muss. Das ist unzumutbar!

(Beifall bei der LINKEN)

Bei einer Pendlerpauschale von 30 Cent werden aktuell rund 110 Euro im Monat erstattet. Das ist nicht einmal die Hälfte ihrer Benzinkosten. Deshalb fordern wir Folgendes:

Erstens. Wir müssen die Pendlerpauschale in ein Pendlergeld umwandeln, damit nicht nur die, die vom Auto abhängig sind, sondern auch diejenigen, die öffentliche Verkehrsmittel benutzen

(Abg. Ernst Hinsken (CDU/CSU) meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Herr Präsident, ich glaube, da gibt es den Wunsch nach einer Zwischenfrage.

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:

Ja. Der Kollege Hinsken möchte eine Zwischenfrage stellen. Wie ich sehe, nehmen Sie seine Zwischenfrage gern entgegen. Herr Kollege Hinsken, Sie haben das Wort.

Ernst Hinsken (CDU/CSU):

Herr Kollege Ernst, ich verhehle nicht, dass ich der Erhöhung einer Pendlerpauschale sehr viel abgewinnen kann.

(Beifall des Abg. Ralph Lenkert (DIE LINKE))

Weil Sie ein so ausgeklügeltes Beispiel gebracht haben, möchte ich Sie fragen, was das Ganze bei der Benutzung eines Porsche kosten würde; das würde mich interessieren. Sie als aktiver Porschefahrer werden doch wissen, welche Kosten ein Porsche im Gegensatz zu kleineren Autos, die von Arbeitnehmern überwiegend genutzt werden, verursacht.

Klaus Ernst (DIE LINKE):

Das ist der Unterschied:

(Lachen der Abg. Dr. Birgit Reinemund (FDP) Otto Fricke (FDP): Das ist der Unterschied!)

Wir selbst fahren vielleicht ein größeres Auto; aber wir kümmern uns trotzdem um die kleinen Leute. Bei Ihnen bleibt es beim größeren Auto.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Herr Ernst, kommen Sie bitte zum Schluss.

(Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Herr Ernst, Sie sind am Ende!)
Klaus Ernst (DIE LINKE):

Ich komme sofort zum Schluss. Ich möchte noch kurz unsere Vorschläge nennen:

Erstens. Die Umwandlung der Pendlerpauschale in ein Pendlergeld, damit alle etwas davon haben. Zweitens. Erhöhung der Kilometerpauschale von 30 auf 45 Cent. Drittens. Das Pendlergeld wird unabhängig vom gewählten Verkehrsmittel gezahlt.

Wie die Grünen sind wir dafür, dass der öffentliche Nahverkehr ausgebaut wird. Aber solange das noch nicht der Fall ist, kann man von den Arbeitnehmern nicht verlangen, dass sie mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren, weil sie sich das Benzin nicht mehr leisten können.

(Beifall bei der LINKEN Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist gesünder, mit dem Fahrrad zu fahren! Das merken immer mehr Leute! Das ist auch besser! Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Kein Wort zum Antrag!)