Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Als wir im Januar zur ersten Lesung hier zusammenkamen, warnte ich davor, das Wachstum des wuchernden Finanzsektors mit diesem Gesetz auch noch zu beschleunigen und somit Riesenheuschrecken im Fondsmantel zu züchten.
Damals konnte ich mich tagesaktuell auf einen renommierten Finanzjournalisten des Handelsblatts berufen, der eindringlich vor dem Schattenbankensystem der Fondsbranche warnte.
Genützt hat es leider nichts. Im Gegenteil:
In noch größerem Umfang als schon im Kabinettsentwurf geplant, sollen Investmentfonds wachsen können. Das Wachstum wird angetrieben, indem die Fonds durch eine noch exzessivere Mikrokreditvergabe von der Armut in Osteuropa und in den unterentwickelten Ländern dieser Erde profitieren dürfen. Dass dies mit karitativem Anspruch rein gar nichts zu tun hat, hat einer der führenden Mikrofinanzexperten Europas in der Sachverständigenanhörung ausführlich dargelegt. Er stieß damit bei der Koalition leider auf taube Ohren.
Wenn Sie den Armen in der Welt wirklich helfen wollen, dann kommen Sie zuerst einmal den Verpflichtungen nach, die Deutschland mit der Zusage einging, den Anteil der Entwicklungshilfe am Sozialprodukt, die sogenannte ODA-Quote, spürbar zu erhöhen.
Die Regierungskoalition versucht, den Eindruck zu erwecken, sie hätte in der Finanzmarktregulierung ihre Hausaufgaben fast erledigt. Aber ich kann Ihnen heute einen weiteren Zeugen dafür anführen, dass bei der Regulierung der Fondsbranche das Wichtigste noch zu tun ist.
In der April-Ausgabe des Monatsmagazins des Bankenverbandes die bank warnt der oberste Finanzaufseher des Landes, Jochen Sanio, davor, Zitat „dass man sich nur mit Teilaspekten des nicht oder unterregulierten Finanzsektors beschäftigt und wichtige Bereiche außer Acht lässt. Etwa die Hedge-Fonds, die Private-Equity-Unternehmen und - nicht zu vergessen - die Rating-Agenturen, die ‚Legitimierer‘ des ‚Schatten Banking‘ “.
Ähnlich wie im Januar kann ich Ihnen nur wieder sagen: Würden Sie doch wenigstens auf Ihre eigenen Beamten hören, anstatt dem Begehren der Lobby ein ums andere Mal nachzugeben!
(Beifall bei der LINKEN)
Es ist aber nicht nur die Senkung regulatorischer Standards, mit der Sie die Finanzbranche mästen. Nein, Sie werfen auch noch Steuergeschenke hinterher.
(Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Aha!)
So sollen Unternehmen, die ihre Immobilien an eine börsennotierte Immobilien-AG veräußern, auf den Erlös weiterhin eine 50-prozentige Steuerbefreiung erhalten. Diese Regelung wurde mit einer weiteren Frist verlängert.
Hat man Ihnen dafür wenigstens entsprechend Spenden versprochen?
(Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der CDU/CSU)
Selbst was den Anlegerschutz angeht, haben Sie mehr Gesetzeskosmetik betrieben, als dass Sie substanziell etwas merklich verbessert hätten.
Zwar ist das Wort „Anleger“ häufiger im Gesetzestext zu lesen; dieser Anleger kann aber nach wie vor nicht darauf bauen, dass ihm die Kosten seiner Anlageentscheidung wirklich transparent gemacht werden. Die Linke fordert hier unter anderem die Angabe einer umfassenden Gesamtkostenquote.
Nachfragen in den Berichterstattergesprächen, warum dies trotz Machbarkeit nicht geschehe, wurden damit beantwortet, dass dann eine erfolgreiche Ansiedlung der Fonds in Deutschland gefährdet sei.
Entschuldigung, meine Damen und Herren von Union und FDP! Wer nicht bereit ist, mit offenen Karten an den Markt zu gehen, der sollte doch bitte schön dahin gehen, wo der Pfeffer wächst, anstatt dass ihm hierzulande auch noch alles nach seinem Geschmack gestaltet wird.
(Beifall bei der LINKEN – Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Die armen Inder haben das gar nicht verdient! - Alexander Süßmair (DIE LINKE): Die sollen dahin gehen, wo das Seegras wächst!)
Was Sie der Öffentlichkeit verheimlichen: Sie betreiben bewusst Etikettenschwindel, damit die Fusionierung von Fondsvermögen erleichtert wird.
Dies haben die Beratungen zu diesem Gesetzentwurf leider deutlich werden lassen. Kollege Sieling hat schon darauf hingewiesen; ich will es noch deutlicher sagen. So sind deutsche Kunden erfahrungsgemäß eher bereit, in einen Fonds zu investieren, dessen Name den Eindruck erweckt, dass es sich um ein Vehikel ihrer deutschen Hausbank handelt. Dieser Eindruck soll auch künftig bestehen bleiben. Allerdings wird es sich nicht auf den ersten Blick erschließen lassen, dass dieser Fonds sein gesamtes Vermögen in einen ausländischen Fonds einbringen kann. In diesen ausländischen Fonds hätte der Anleger womöglich nie direkt investiert.
Ich versichere Ihnen: An diesem Bluff wird sich die Linke nicht beteiligen.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich komme zum Schluss. - Wie auch immer man diesen Gesetzentwurf betrachtet - makroökonomisch, aufsichtsrechtlich, entwicklungs- und verbraucherpolitisch oder unter steuerlichen Gesichtspunkten: Der Finanzsektor darf ohne Rücksicht auf Verluste weiter frei wuchern. Durchgreifende Regulierung? Fehlanzeige!
Der Gesetzentwurf vermag alles in allem in keiner Hinsicht zu überzeugen. Er ist rückschrittlich und kontraproduktiv.
Danke schön.