Beratung des Antrags der LINKEN "Den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG neu und verantwortungsvoll besetzen"
Frau Präsidentin!
Werte Kolleginnen und Kollegen!
Auf dem Nachrichtenportal Die Weltpresse konnte man am 27. März dieses Jahres lesen - ich zitiere -:
Nach Limburg-Aus
Tebartz-van Elst wechselt zum Bahnvorstand
Ja, da schauen Sie, was?
(Zuruf von der CDU/CSU: Ist ja lustig!)
Das ist natürlich Satire. Aber es war keine Satire, als drei Monate zuvor die Meldung durch die Presse ging, dass der ehemalige Kanzleramtsminister Pofalla in den Vorstand der Deutschen Bahn AG wechselt.
(Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU): Gute Entscheidung! Guter Mann!)
Offenbar geht dieses Vorhaben auf eine Absprache zurück, die die Kanzlerin höchstpersönlich mit dem Bahnvorstandsvorsitzenden Herrn Grube und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Utz-Hellmuth Felcht getroffen hat. Warum? Nicht etwa deshalb, weil Herr Pofalla ein profunder Bahnkenner ist,
(Zuruf von der CDU/CSU: Wissen Sie doch gar nicht!)
sondern weil er offenbar für seinen Einsatz belohnt werden sollte, der dazu führte, dass der Bahnaufsichtsrat das Projekt „Stuttgart 21“ fortsetzte, obwohl dessen Unwirtschaftlichkeit nachgewiesen war.
(Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU): Das ist Ihre Meinung! - Weiterer Zuruf der Abg. Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Mit diesem Fakt stellt sich erneut die Frage - sie steht sozusagen im Rampenlicht der Öffentlichkeit -, wer da eigentlich in wessen Interesse Einfluss auf die Bahnpolitik nimmt. Denn es ist ja keineswegs so, wie immer behauptet wird, dass die Bahn quasi ein eigenmächtiger und eigenständiger Konzern ist, auf den die Bundespolitik überhaupt keinen Einfluss nehmen kann. Im Fall Pofalla ist dies offensichtlich geworden. Selbstverständlich gibt es auch andere Wege. Insbesondere ist es der Bund, der den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG besetzt, zumindest den Teil, der die Aktionäre vertritt. Die Aktionäre sind, so könnte man sagen, zu 100 Prozent die Bundesbürgerinnen und Bundesbürger.
Die Neubesetzung dieses Aufsichtsrates steht zwar erst in einem Jahr an, aber wenn man ein solches Gremium neu und anders besetzen möchte - genau das schlagen wir mit unserem Antrag der Fraktion DIE LINKE vor -, dann ist ein Jahr keine lange Zeit. Wir sind der Überzeugung, dass die Bundesregierung andere Persönlichkeiten in diesen Aufsichtsrat setzen muss, Persönlichkeiten, die wirklich das Interesse einer guten Bahn für alle in den Mittelpunkt stellen.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Erstens sind wir der Überzeugung, dass es an der Zeit ist, endlich Frauen in diesem Aufsichtsrat zu sehen.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Vom Bund aus müsste zumindest die Hälfte der Plätze mit Frauen besetzt werden. Denn immerhin nutzen überwiegend Frauen die Bahn; zumindest im Nahverkehr bilden sie die Mehrheit der Bahnnutzerinnen und Bahnnutzer.
Zweitens wollen wir, dass über die Vorschlagsliste für die Besetzung des Aufsichtsrates in der Öffentlichkeit diskutiert wird und sie letztlich vom Parlament beschlossen
(Beifall bei der LINKEN)
und nicht hinter verschlossenen Türen ohne Einfluss ausgemauschelt wird.
Drittens - das ist der wichtigste Punkt - sind wir der Meinung, dass andere Interessen dort eine Rolle spielen sollen.
Es gibt fünf Personen, die wir auf keinen Fall im neuen Aufsichtsrat sehen wollen. Diese Personen sind jetzt im Aufsichtsrat.
(Lachen bei der CDU/CSU)
Ich möchte sie Ihnen kurz vorstellen. Vielleicht vergeht Ihnen dann das Lachen.
(Beifall bei der LINKEN)
Vielleicht haben Sie auch unseren Antrag http://www.linksfraktion.de/antraege/?a=46&m=&j gelesen und wissen, um wen es sich handelt. Der Aufsichtsratsvorsitzende Utz-Hellmuth Felcht zeichnet sich nicht dadurch aus, dass er mit Bahnunternehmen viel Erfahrung hat, sondern er ist Managing Director eines großen Private-Equity-Fonds. Warum ist er Aufsichtsratsvorsitzender geworden? Der ehemalige Bundesverkehrsminister Ramsauer hat diese Entscheidung 2010 damit begründet, dass er ein exzellenter Kenner des Börsengeschehens sei, was im Hinblick auf den nach wie vor politisch gewünschten Börsengang der Deutschen Bahn AG wichtig sei.
(Sören Bartol (SPD): Ach, das hat doch so einen Bart!)
Ich bitte Sie: Der Börsengang der Deutschen Bahn AG ist, so sagt es jedenfalls die Große Koalition,
(Sören Bartol (SPD): Nein, das sagt die Große Koalition nicht!)
kein Thema mehr, ist abgesagt.
(Sören Bartol (SPD): Ja, genau!)
Ich bin der Meinung, wir brauchen einen Aufsichtsratsvorsitzenden, der sich dadurch qualifiziert, dass er ein großes öffentliches Unternehmen gedeihlich entwickeln kann.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Vizepräsidentin Petra Pau:
Kollegin Leidig, die letzten vier Namen müssen Sie bitte in Ihren letzten Satz fassen und zum Ende kommen.
Sabine Leidig (DIE LINKE):
Die letzten vier Namen können Sie in unserem Antrag nachlesen.
(Heiterkeit)
Wir haben Christoph Dänzer-Vanotti, der für Eon steht; wir brauchen aber Leute, die für regenerative Energien stehen.
(Zuruf von der CDU/CSU: Die Bahn braucht aber auch Strom!)
Wir haben den Milliardär Heinrich Weiss, der Bombardier vorsteht.
Vizepräsidentin Petra Pau:
Kollegin Leidig, ich meine das ausgesprochen ernst. Setzen Sie einen Punkt!
Sabine Leidig (DIE LINKE):
Außerdem haben wir einen Klimaleugner, den wir durch jemanden ersetzen müssen, der den Klimaschutz ernst nimmt. Schließlich brauchen wir auch keinen Stahlbaron wie Herrn Großmann,
(Sören Bartol (SPD): So, Frau Leidig, das war der letzte Satz! Jetzt ist aber Schluss!)
sondern wir brauchen Leute, die Umweltschutz, Verbraucherinteressen und das Allgemeinwohl für die Deutsche Bahn vertreten.
(Beifall bei der LINKEN - Sören Bartol (SPD): Schluss! Aus! Sie können doch nicht einfach über diese Leute so reden! Das ist doch
Zusatzbemerkung
Selbst auf die Gefahr hin, dass Sie Ihren Feierabend noch um fünf Minuten verschieben müssen,
(Dagmar Ziegler (SPD): Nein, das ist nicht das Problem! - Zuruf von der CDU/CSU: Für gute Wortbeiträge gerne!)
möchte ich doch die Frage stellen, ob Sie sich bewusst sind, dass die Ziele, die vor 20 Jahren formuliert worden sind, lauteten, erstens die Preise für den Bahnverkehr zu senken, zweitens den Anteil der Bahn am Modal Split zu erhöhen und drittens den Service, die Pünktlichkeit und ähnliche Dinge zu verbessern. Faktisch ‑ das möchte ich einfach nur sagen ‑ haben wir keinen steigenden Anteil am Modal Split. Wir haben Fahrpreiserhöhungen, die doppelt so hoch sind wie die Inflationsrate. Wir haben einen Abbau von 4 500 Kilometern Bahnstrecken, was nicht unbedingt für mehr Service steht.