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Minijobs müssen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung überführt werden!

Rede von Heidi Reichinnek,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt“, sagte Ex-Kanzler Schröder 2005 voller Stolz. Seine rot-grüne Regierung hatte da gerade Hartz-IV-Armut per Gesetz eingeführt. Und Rot-Grün-Gelb führt dieses Vermächtnis natürlich engagiert fort, zum Beispiel mit der Ausweitung von Minijobs. Wir als Linke fordern: Minijobs müssen überwunden statt ausgebaut werden!

(Beifall bei der LINKEN)

Bei Minijobs wird nichts in die Sozialversicherung eingezahlt; das heißt: Es landet nichts in der Krankenversicherung, nichts in der Pflegeversicherung, nichts in der Arbeitslosenversicherung. Außerdem ist das ein 520‑Euro-Ticket in die Altersarmut; denn Rentenansprüche werden auch nicht gesammelt. Bezahlter Urlaub oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall – Seltenheit. Wenn die Arbeitskräfte dann noch aufstocken müssen, also Geld vom Amt brauchen, weil sie so wenig verdienen, subventioniert der Staat diese Ausbeutung zusätzlich. Unter anderem die FDP erklärt aber gern, Minijobs seien ein Sprungbrett in reguläre Beschäftigung

(Konstantin Kuhle [FDP]: So ist es!)

und ein Zuverdienst, vor allem für Studierende und Rentner/-innen. Beides ist x-fach widerlegt. Wir können Ihnen gerne ein paar Studien schicken; das ist eigentlich gar nicht so schwer zu verstehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Und überhaupt: Was ist das denn für ein Ansatz, dass Menschen, anstatt eine armutsfeste Rente zu bekommen, noch im hohen Alter in einem Minijob arbeiten sollen? Das ist doch ein Skandal!

(Beifall bei der LINKEN)

Aber worum es mir heute besonders geht, nach dieser wunderbaren vereinbarten Debatte zum Internationalen Frauenkampftag: Minijobs werden überdurchschnittlich oft von Frauen ausgeübt. Und weil diese Minijobs oft die einzige Einnahmequelle sind, führt das für die Frauen, neben den ganzen anderen Problemen, die ich dargestellt habe, auch noch zu massiver Abhängigkeit von ihren Partnern, besonders in Kombination mit dem Ehegattensplitting.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Es ist ja niemand gezwungen, zu heiraten!)

Statt mit einem Steuermodell gleichberechtigte Partnerschaften zu fördern, in denen beide in Teilzeit arbeiten und sich um Haushalt und Kinder kümmern, wird unterstützt, dass eine Person – meistens der Mann – Hauptverdiener ist, und eine Person – meistens die Frau – vielleicht noch ein wenig dazuverdient und die Sorgearbeit übernimmt. Sie reden von Gleichstellung, aber Sie zementieren die Verhältnisse, die Sie angeblich überwinden wollen. Sie müssen aber endlich überwunden werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Eines sage ich Ihnen noch: Knapp 80 Prozent der erwerbstätigen Frauen können nicht langfristig für sich und ein Kind sorgen; 40 Prozent können es nicht einmal kurzfristig. Frauen in Minijobs sind davon natürlich besonders betroffen.

Und jetzt ist wieder März. Wir hatten den Equal Care Day, den Equal Pay Day und den Frauenkampftag. Da gibt es von Ihnen dann wieder kämpferische Fotos und die vereinbarte Debatte heute. Als ob das was bringt, wenn wir nur mal drüber reden! Kleiner Tipp: Wir können hier im Bundestag wirklich etwas an der Benachteiligung von Frauen ändern. Es ist Ihnen vielleicht nicht bewusst, aber wir können hier Gesetze verabschieden, die das Leben besser machen für die Leute da draußen.

(Beifall bei der LINKEN – Bernd Rützel [SPD]: Das haben wir doch gemacht!)

Deswegen beantragen wir heute die Überführung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen. Diese Maßnahme hätte auch – nicht nur, aber auch – eine wichtige gleichstellungspolitische Wirkung. Das sage nicht nur ich als linksversiffte Politikerin, die Sie ja sowieso hier aus dem Bundestag haben wollen, in der Opposition,

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung! – Zuruf von der SPD: Ach nee!)

sondern das sagt auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, das nicht unbedingt für sozialistische Theoriebildung bekannt ist. Da können Sie sich beschweren, das ist halt so.

Stimmen Sie unserem Antrag zu, damit endlich Jobs geschaffen werden, die soziale Absicherung schaffen und ein würdiges Einkommen sichern. Das wäre mal eine echte Verbesserung, vor allem auch für Frauen.

(Beifall bei der LINKEN)