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Mindestlohn darf kein Armutslohn sein

von Susanne Ferschl,

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Presse war zu lesen, dass Arbeitsminister Hubertus Heil eine deutliche Steigerung des Mindestlohns erwartet. Ich kann dazu nur sagen: Das erwarten über 6 Millionen Beschäftigte im Niedriglohnbereich auch.

(Beifall bei der LINKEN – Heidi Reichinnek [DIE LINKE]: Und wir auch!)

Aktuell berät die Mindestlohnkommission über die Erhöhung des Mindestlohns zum 1. Januar 2024. Und anstatt in der Presse Erwartungshaltungen zu äußern, sollte der Minister aktiv werden.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Genau!)

Die EU empfiehlt nämlich in einer Richtlinie 60 Prozent des mittleren Einkommens als Untergrenze für nationale Mindestlöhne. Das ist klug und weitsichtig, und genau das muss auch in das Mindestlohngesetz aufgenommen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn mit dieser Untergrenze ist ausgeschlossen, dass der Mindestlohn erneut zum Armutslohn wird. Und ausgeschlossen ist dann auch, dass der Mindestlohn in der näheren Zukunft wieder politisch festgelegt werden muss. Beides muss doch unser aller Ziel sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Die politische Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro zum letzten Oktober war unvermeidbar geworden. Deutschland hatte einen der größten Niedriglohnsektoren in der EU. Auch wenn dieser Niedriglohnsektor jetzt schrumpft, ist immer noch jede und jeder siebte Beschäftigte davon betroffen; das sind immer noch zu viele. Mit „Arm trotz Arbeit“ muss endlich Schluss sein.

(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sehr richtig!)

Insbesondere Beschäftigte mit geringen Einkommen leiden unter den massiven Preissteigerungen, und die Mindestlohnerhöhung wurde davon aufgefressen. Die Ungleichheit bei den Arbeitseinkommen wächst. Das sagt nicht nur Die Linke, sondern das sagte gerade erst letzte Woche auch wieder das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, und die sind eigentlich kein Hort linker Propaganda.

(Heidi Reichinnek [DIE LINKE]: Genau! Schade!)

Um die soziale Spaltung zu verhindern, braucht es klare Leitplanken und damit verbunden deutliche Lohnerhöhungen in den unteren Einkommensbereichen.

(Beifall bei der LINKEN)

Würde man die Empfehlung der EU-Richtlinie, also die besagten 60 Prozent des mittleren Einkommens, umsetzen, dann wäre der Mindestlohn jetzt schon bei über 13,50 Euro, und das ist wirklich das Mindeste.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese klare Regelung ist doch auch im Interesse der Arbeitgeber, der Union und der FDP; denn damit würde zukünftig eine politische Mindestlohnfestsetzung verhindert. Das ist wohl auch der Grund, warum der CDU-Arbeitsminister aus Nordrhein-Westfalen, Laumann, genau diese Idee aufgegriffen hat und dafür wirbt. Ich sage: ein kluger Mann.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Da könnte doch die Union jetzt mal klatschen, oder?)

Die besagte EU-Richtlinie schreibt aber auch ein Maßnahmenpaket zur Stärkung der Tarifbindung vor. Die Linke hat genau ein solches Maßnahmenpaket in der vorletzten Sitzungswoche eingebracht. Denn klar ist: Mindestlöhne sind notwendig und gut, aber besser sind Tarifverträge.

Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der LINKEN)