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Landraub im Süden muss gestoppt werden

Rede von Hüseyin Aydin,

Kleinbäuerinnen und Kleinbauern haben ein Recht auf Land und Ressourcen

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir nehmen zur Kenntnis, dass es weltweit bereits über 900 Millionen Menschen gibt, die hungern. Landlose und landarme Bauern in den Ländern des Südens machen 70 Prozent der Hungernden aus. Die Jagd nach Agrarland, über die wir heute sprechen, hat nicht erst in diesem Jahr begonnen. Aber die Nahrungsmittelkrise, der Boom bei Agrartreibstoffen und die Finanzkrise haben diese Entwicklung massiv verstärkt. Es begann eine Bieterschlacht um verfügbares Land. Vor allem die Erdöl produzierenden arabischen Staaten, aber auch europäische und asiatische Konzerne brauchen mehr Land, um Nahrungsmittel und Energiepflanzen anzubauen. In Ländern wie Madagaskar, Uganda, Sudan, Mali, Brasilien oder Indonesien werden zurzeit Flächen verkauft oder verpachtet. Um Ausfuhrstopps zu umgehen, werden oft intransparente Verträge abgeschlossen. Ein saudischer Geschäftsmann bestätigt, dass in den Verträgen ein geringer Prozentsatz für die lokalen Märkte vorgesehen ist, „um sicherzustellen, dass Land und Leute uns keine Probleme bereiten.“ Das ist zynisch!

(Beifall bei der LINKEN)

Landraub ist ein schamloses Ausnutzen der Krisensituation von Menschen, von Gesetzeslücken und von nationalen Konflikten. In vielen Ländern sind die Landrechte vor allem der indigenen Bevölkerung ungeklärt. In Krisengebieten wie im Kongo oder im Sudan verlassen Menschen auf der Flucht ihr Land und können keine Besitzansprüche erheben.

Auch die Entwicklungspolitik hat den Kampf um Land verschärft. Das 1,2-Milliarden-Dollar-Programm der Weltbank als Reaktion auf die Krise 2008 beinhaltet marktorientierte Reformen des Bodenrechts. Das bedeutet die direkte Bevorzugung von exportorientierten Großkonzernen. Die ärmeren Bauern verkaufen ihr Land, verführt durch für hiesige Verhältnisse hohe Landpreise oder gezwungen durch Schulden und fehlende Perspektiven.

Der Antrag der Grünen greift viele wichtige Punkte auf, um Landraub zu beenden und eine gerechte Landverteilung in den Ländern zu unterstützen. In der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit muss eine Gewährleistung des Menschenrechts auf Nahrung und gerechte Landreformen unbedingte Priorität haben.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich warne eindringlich davor, Land zu einer handelbaren Ware zu machen. Die Eigenversorgung mit Grundnahrungsmitteln muss oberste Priorität haben.
Das mosambikanische Landgesetz ist eine gute Vorlage, der andere Länder folgen können. Darin werden die Landrechte der Subsistenzbauern - das sind fast 60 Prozent der Bevölkerung - gesetzlich abgesichert. Der Staat vergibt Landnutzungsrechte auch an Gruppen, die den Boden seit mindestens zehn Jahren bewirtschaften. Bevor ein Titel an einen Investor vergeben wird, muss die Bevölkerung der Vergabe zustimmen. Dieses Gesetz ist sehr fortschrittlich. Wir sollten es unterstützen.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Kollegen der CDU/CSU meinen, der vorliegende Antrag setze falsche Schwerpunkte. Die Regierung habe keinen Einfluss auf Verträge zwischen Entwicklungsländern und Investoren, heißt es auf ihrer Homepage. Das ist ebenso falsch wie fadenscheinig. Der Fall des bilateralen Investitionsabkommens zwischen Deutschland und Paraguay beweist das Gegenteil.

Viele haben dort Land aus Spekulationsgründen gekauft, unter ihnen auch Deutsche. Eine indigene Gemeinschaft im Chaco-Gebiet fordert seit 1991 die Rückgabe ihres traditionellen Territoriums, das sich im Besitz des deutschen Großgrundbesitzers Roedel befindet. So macht sich Deutschland zum Komplizen von staatlicher Zwangsräumung und Menschenrechtsverletzung.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollen wir den Antrag der Grünen, mit dem sie auf dem richtigen Weg sind, unterstützen. Ich hoffe, dass sich die Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU und SPD im Rahmen der Ausschussberatungen ebenfalls bereit erklären, diesen Antrag zu unterstützen.

Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)