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Konsequent für eine Umstellung des globalen Energiesystems

Rede von Heike Hänsel,

Heike Hänsel, entwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE., in der Bundestagsdebatte um eine kohärente Verknüpfung von Entwicklungs- und Energiepolitik:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Energie ist natürlich das aktuelle Thema - wir hatten heute die Aktuelle Stunde darüber -, und sie ist der entscheidende Faktor für Entwicklung. Das ist ganz klar und wird mittlerweile von großen Teilen der Bevölkerung erkannt. Es ist wichtig, dass wir dieses Thema hier diskutieren.

Zu den Anträgen der Koalition und der Grünen möchte ich bemerken, dass es für mich in diesen Anträgen einige problematische Punkte gibt und ich mit der Stoßrichtung zum Teil nicht ganz einverstanden bin. Ich möchte einige Punkte nennen. Sie sprechen von dem Fluch der Ressourcen. Ich sehe Ressourcen weder als Fluch noch als Segen, weil Ressourcenreichtum per se nicht zu Armut und Krieg führt, im Gegenteil. Vielmehr stellt sich die Frage des Umgangs mit den Ressourcen. Insofern müssen sich die Abnehmer dieser Ressourcen - das sind hauptsächlich die führenden Industrieländer - die Frage stellen, wie sie damit umgehen und wie sie um den Zugang zu diesen Ressourcen kämpfen. Es stellt sich auch generell die Frage nach dem enormen Ressourcenverbrauch unserer Länder.

Insofern stellen sich für mich erst einmal andere Fragen, nämlich die, wie wir es schaffen, von diesem enormen Ressourcenverbrauch wegzukommen und den Wandel in unserem Energiesystem hier in den Industrieländern durch eine konsequente Umstellung auf regenerative Energien einzuleiten und das Bewusstsein zu schaffen, dass wir mit diesem Wachstum nicht mehr weitermachen können, sondern dass wir vielmehr von diesem quantitativen Wachstum, von dem wir ständig sprechen, wegmüssen, hin zu einem qualitativen Wachstum; denn dieses Wachstum und dieser Wohlstand, den wir momentan haben und den wir weiter anstreben, gehen ganz klar auf Kosten der Umwelt, des Klimas und der Entwicklungsmöglichkeiten der Länder des Südens.

Deswegen stellt sich in erster Linie die Frage an uns: Was machen wir?

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu gehört für mich auch ganz klar die Absage an unsere aggressive Außenpolitik. Das neue Weißbuch zur Zukunft der Bundeswehr ist vorgestellt worden. Darin steht ganz klar, dass wir auch den Zugang zu Energie notfalls militärisch absichern müssen. Das ist für mich Rohstoffimperialismus, und das lehnen wir ganz klar ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich muss auch sagen, dass mir der Tenor, wie wir hier jetzt Energie und Entwicklung diskutieren, nicht gefällt. Auch Sie, Herr Ruck, haben gerade gesagt - wenn Sie bitte zuhören -,

(Dr. Christian Ruck (CDU/CSU): Na klar höre ich zu!)

China verbrauche sehr viel Energie. Letztendlich geht es in dem Antrag über Energie- und Entwicklungspolitik doch sehr stark um die Energiesicherheit Deutschlands.

(Dr. Christian Ruck (CDU/CSU): Ja und? - Dr. Karl Addicks (FDP): Das ist doch auch wichtig! - Gabriele Groneberg (SPD): Das ist doch auch ein berechtigtes Interesse!)

- Ich denke, es geht um die Entwicklungsländer. Letztendlich geht es - das steht auch im Koalitionsvertrag - darum, dass Instrumente der Entwicklungszusammenarbeit die weltweite Sicherung der Energieversorgung garantieren sollen. Das ist für mich ein instrumentelles Verhältnis zur Entwicklungspolitik. Sie beklagen das bei den Chinesen und sagen, China betreibe eine aggressive Ressourcen- und Energiepolitik. Aber wir haben das seit Jahrzehnten gemacht. Sie haben im Grunde von uns gelernt.

(Beifall bei der LINKEN - Gabriele Groneberg (SPD): Da besteht doch ein ganz gewaltiger Unterschied!)

Das ist für mich - Sie haben es selber gesagt - eine scheinheilige Diskussion. Sie wollen zum Beispiel China an die internationale Verantwortung erinnern. Erinnern Sie auch die USA an die internationale Verantwortung, was zum Beispiel den Irakkrieg angeht?

(Beifall bei der LINKEN)

Gab es bis heute irgendeine Konsequenz aus diesem Ölkrieg? Condoleezza Rice ist zurzeit in der Bundesrepublik. Frau Wieczorek-Zeul und Herr Ruck, es wäre sehr wichtig, ganz klar zu sagen: Wir tragen diese aggressive und verbrecherische Politik, diese Kriegspolitik nicht mit.

(Beifall bei der LINKEN)

Das wäre, was Energiepolitik angeht, das Wahrnehmen internationaler Verantwortung. Ich wiederhole: Bis heute gab es keinerlei Konsequenzen.

Solange wir international völkerrechtswidrige Kriege akzeptieren, können wir der chinesischen Regierung doch nicht sagen, sie solle ihre Verantwortung in Afrika wahrnehmen. Das ist eine verlogene Politik. Wir müssen zu etwas ganz anderem kommen: Wir brauchen internationales Recht, und wir brauchen internationale Vereinbarungen, was die Umstellung des Energiesystems angeht.

Ich möchte etwas zum Antrag der Grünen sagen. Sie haben die Transparency-Initiative angesprochen. Auch wenn ich sie im Prinzip gut finde, ist sie meiner Meinung nach nicht weitreichend genug, weil sie unverbindlich bleibt. Wir brauchen im Grunde auch da eine internationale, rechtlich verbindliche Vereinbarung, wie wir mit Rohstoffen umgehen, was Einnahmen und was Ausgaben angeht. Natürlich basiert bisher vieles auf Freiwilligkeit. Das ist einfach nicht ausreichend.

Ich muss Ihnen auch noch sagen: Sie wenden sich an die G 8-Staaten und fordern sie auf, gemeinsam mit den Schwellenländern einen Aktionsplan für die Rohstoffländer zu entwickeln. Das wundert mich natürlich schon etwas. Früher wären Sie aufgestanden und hätten gegen die Treffen der G 8-Staaten demonstriert. Jetzt werden diejenigen, die für diese Energiepolitik verantwortlich sind, beauftragt, für eine Neuausrichtung dieser Politik zu sorgen. Das wird nicht möglich sein.

Wir können das nur durch die Stärkung der Zivilbevölkerung erreichen. Die Zivilbevölkerung muss ganz andere Möglichkeiten der Einflussnahme haben, um in den jeweiligen Ländern Entscheidungen herbeizuführen. Die G 8-Staaten werden diese Entscheidungen nicht herbeiführen. Diese Staaten planen nämlich im Grunde nichts anderes als neue Strategien, um ihre Energieversorgung zu sichern. Deshalb wollen wir gemeinsam mit vielen Initiativen gegen die G 8-Treffen mobilisieren. Energiesicherheit durch die Umstellung auf regenerative Energien in den Ländern des Südens wird nur gemeinsam mit der Zivilbevölkerung und mit engagierten Initiativen möglich sein.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN)