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Keine Chaos-Computer-Polizei

Rede von Jan Korte,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind auch heute wieder hier zusammengekommen, um über den Abbau von Grundrechten zu reden, so wie wir das schon in den letzten Wochen getan haben. Es ist die politische Dimension des Ganzen, dass Sie solche Maßnahmen hier im Wochenrhythmus durchführen. Aktuell lautet das Motto: Erst ausspionieren und dann die Rechtsgrundlage prüfen. Das ist mittlerweile gang und gäbe.

(Beifall bei der LINKEN Dr. Carl-Christian Dressel (SPD): So ein Schwachsinn!)

Ich will Sie darauf aufmerksam machen, dass wir beim Programm zur Stärkung der inneren Sicherheit, das Sie hier auch mal eben in einem Hauruckverfahren durchgepowert haben, bereits auf das Thema Onlinedurchsuchung aufmerksam gemacht und das kritisiert haben.

Was aber soll die Grundlage für das staatliche Hacking sein? Die Regelungen zur Telekommunikationsüberwachung greifen wohl eher nicht, weil kein Kommunikationsvorgang überwacht wird; denn dieser ist bei einer eingegangenen E-Mail logischerweise bereits abgeschlossen. Das PC-Screening ist eine verdeckte Maßnahme. Der Beschuldigte wird es selten oder gar nicht bemerken. Das ist bei einer Hausdurchsuchung logischerweise anders, weil ein Zeuge anwesend ist.

(Daniela Raab (CDU/CSU): Das ist auch Sinn der Sache!)

Diese Regelung kann dementsprechend auch nicht greifen. Ich denke, dass das BMI jetzt versuchen wird, im Schnelldurchlauf irgendeine Regelung zu finden, die im Zweifel vom Bundesverfassungsgericht kassiert werden wird, wie das bei Ihren Vorhaben mittlerweile üblich ist.

Ich möchte einen weiteren Punkt ansprechen. Wenn sich Schäubles Chaoscomputerpolizei in einen Computer einhackt, hat sie nicht nur Zugriff auf E-Mails, was schon schlimm genug wäre, sondern das ist hier heute schon zu Recht angesprochen worden natürlich auch auf alle denkbaren privaten und intimsten Daten eines Menschen.

(Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU):

Wie bei der Hausdurchsuchung!)
Das ist völlig inakzeptabel.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Eben hat die Kollegin Raab besonders bizarr argumentiert. Sie hat in etwa gesagt, wer ins Internet gehe, habe sein System, also das, was er im Internet macht, selbst so weit geöffnet, dass die Behörden Zugriff nehmen könnten. Man würde sich eh schon bloßstellen.

(Daniela Raab (CDU/CSU): Das war ein Zitat des nordrhein-westfälischen Innenministers, Herr Korte!)

Der ist in dieser Frage offensichtlich besonders inkompetent.

(Dr. Carl-Christian Dressel (SPD): Das sagt der Richtige! Herr Korte, reden Sie nicht von Kompetenz! Schnösel!)

Das haben Sie hier vorgestellt. Das ist eine tolle Logik. Ich will das an einem Beispiel verdeutlichen: Das wäre so, als würde ich zum Lüften das Fenster aufmachen und jeder dürfte reinklettern. Das ist Ihre Logik.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So funktioniert das nicht.

(Daniela Raab (CDU/CSU): Das ist qualitativ nicht zu überbieten! Richtig fundiert! Gratulation!)

Ja, das ist Ihre Logik. Ich finde sie ja auch absurd, aber ich kann es nicht ändern, dass Sie so etwas erzählen.

Besser wäre es gewesen, die Rechtsgrundlage im Vorfeld zu überprüfen. Heute bringen Sie wieder dieselbe Argumentation wie immer. In Zeiten des Internets und des internationalen Terrorismus werden die Prävention und die Grundrechte weiter geschwächt und nach hinten gelagert, was völlig inakzeptabel ist. Ich möchte auch noch einmal sagen: Das ist wiederum eine Maßnahme in dem Gesamtkontext Antiterrordatei, Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz usw. usf.
Jede Woche gibt es hier eine neue Maßnahme, die von den Bürgerinnen und Bürgern im Einzelfall vielleicht als nicht besonders schlimm empfunden wird, in der Summe gehen Sie mittlerweile aber an die Substanz einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Das tun Sie hier heute schon wieder.

(Beifall bei der LINKEN Helmut Brandt (CDU/CSU): Wir haben Sie ja zum Schutz! Daniela Raab (CDU/CSU): Gott sei Dank haben wir Sie dagegen! - Dr. Carl-Christian Dressel (SPD): Dass Sie es wagen, dieses Wort in den Mund zu nehmen!)

Deswegen ist es richtig, darüber zu diskutieren und das abzulehnen.

(Beifall bei der LINKEN)