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Kein Witz: Durch Frühverrentung die Aktionsfähigkeit der Bundeswehr verbessern?

Rede von Inge Höger,

Inge Höger, Mitglied im Verteidigungsausschuss, sprach in der Debatte zur Beratung des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Personalanpassungsgesetzes (Bundestags-Drucksache 16/6123).

Nein, es ist keine Satire: Die Bundesregierung will mit dem Gesetz zur Änderung des Personalanpassungsgesetzes die Rente mit 50 einführen, und zwar bei vollem Lohnausgleich, aber natürlich nicht für die Mehrheit der Beschäftigten. Für diese wurde ja erst kürzlich die Rente mit 67 beschlossen, und wer früher in den Ruhestand geht, muss mit massiven Kürzungen rechnen. Da Unternehmen häufig schon Beschäftigte über 50 für zu alt halten und deswegen Mittel und Wege finden, sich dieser Mitarbeiter vorzeitig zu entledigen, bedeutet Rente mit 67 für die meisten Menschen eine massive Absenkung des Rentenniveaus. Die Bundesregierung hat mit diesem Vorstoß eine spezielle Gruppen von sogenannten überflüssigen Beschäftigen im Blick. Auch die Bundeswehr will Mitarbeiter über 50 loswerden, und zwar konkret Unteroffiziere ab Jahrgang 1957. Bei diesen bemüht sich die Regierung um besondere Fürsorge und plant den goldenen Handschlag. Diesen gibt es natürlich nicht zum Nulltarif: 110 Millionen Euro will sich die Bundesregierung die Beseitigung des strukturellen Überhangs bei den Bundeswehrangehörigen kosten lassen.
Worum geht es der Bundesregierung mit diesem Gesetz? Es geht darum, die Aktionsfähigkeit der Bundeswehr für weltweite Kriegs- und Besatzungseinsätze zu verbessern. Dabei stehen gegenwärtig noch einige tausend ältere Unteroffiziere im Weg. Die Armee im Einsatz will junge Unteroffiziere mit hoher körperlicher Leistungsfähigkeit. Dieser Nachwuchs für die Auslandseinsätze kann zurzeit aber nicht in gewünschtem Umfang angeworben und vor allem nicht zur Motivation befördert werden, da auf den entsprechenden Stellen ältere und für die Auslandsabenteuer beschränkt taugliche Kollegen sitzen. Das Personalanpassungsgesetz zeigt eindrucksvoll, dass die Politik der Bundesregierung grundlegend in die falsche Richtung geht. Obwohl alle wissen, dass Beschäftigte längst vor dem Erreichen des Rentenalters in den Betrieben häufig nicht mehr erwünscht sind, wird das Renteneintrittsalter erhöht. Obwohl die Mehrheit der Menschen in Deutschland sich gegen Bundeswehrkriegseinsätze ausspricht, finden diese statt. Und wenn die Regierung bei ihrer militärischen Machtpolitik mit ihrer eigenen Beschäftigungspolitik in Konflikt kommt, dann werden wie im vorliegenden Fall die Gesetze entsprechend geändert. Dies ist eine komplette Bankrotterklärung. Ich fordere die Regierung deswegen auf: Geben Sie sich doch bitte die Mühe, nach ziviler Verwendung für ihre überzähligen Soldaten zu suchen, anstatt diese so früh wie möglich in den Ruhestand zu schicken. Das ist auch ein falsches Signal an die Wirtschaft. Aber vor allem beenden Sie die Auslandseinsätze und setzen Sie das Renteneintrittsalter wieder auf 65 herab! Vielleicht sollten nicht Unteroffiziere über ihre mögliche Frühverrentung nachdenken, sondern die Minister, die für die verfehlte Beschäftigungs- und Militärpolitik verantwortlich sind.