Zum Hauptinhalt springen

Katastrophen in Marokko und Libyen: Hilfe für die Menschen vor Ort - auch langfristig

Rede von Amira Mohamed Ali,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Mit großer Besorgnis und Anteilnahme blicken wir auf die dramatische Lage in Marokko und in Libyen nach dem Erdbeben und den Überschwemmungen. Dass die AfD auch diese schrecklichen Ereignisse dazu missbraucht, um ihre ausländerfeindliche Gesinnung zu Markte zu tragen, ist wirklich ekelhaft.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Carl-Julius Cronenberg [FDP] – Dr. Malte Kaufmann [AfD]: Was war denn da ausländerfeindlich?)

In Marokko ist die Lage sehr ernst: Tausende Tote, Tausende Verletzte, mehrere Hunderttausend Menschen ohne Obdach. Die Lage in Libyen ist leider noch viel dramatischer. Zehntausende Menschen sind gestorben; die genaue Zahl kennt man nicht. Tausende werden vermisst. Die Überlebenden sind in einer absolut desolaten Lage. Es droht unter anderem die massive Ausbreitung von Infektionskrankheiten wie zum Beispiel Cholera. Die internationale Hilfe läuft zurzeit leider nur schleppend.

Wir wissen, dass Extremwetterereignisse wie diese aufgrund des Klimawandels in Zukunft immer häufiger vorkommen werden. Zuletzt wies der Weltklimarat IPCC in einem Bericht darauf hin, dass in einer wärmer werdenden Welt auch verheerende Naturkatastrophen vermehrt auftreten. Sintflutartige Regenfälle wie in Libyen sind auch Folge des Anstiegs der Wassertemperatur des Mittelmeers. So kam es in diesem Sommer auch in anderen Mittelmeerstaaten zu Starkregenfällen, die zahlreiche Todesopfer forderten. Wieder einmal wird uns dramatisch vor Augen geführt, dass Klimapolitik eine internationale Aufgabe ist, die entschlossen und konsequent angegangen werden muss, aber eben nur gemeinsam gemeistert werden kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Dabei darf es keine ideologischen Scheuklappen geben. Nein, es braucht gute Zusammenarbeit mit allen.

Die Katastrophe – das muss ich an dieser Stelle sagen – trifft Libyen aber auch deshalb so massiv, weil sie auf ein durch einen Krieg zerstörtes Land getroffen ist, das zusätzlich auch noch durch Jahre des Bürgerkriegs vollkommen ausgezehrt wurde. Der Krieg der NATO gegen Libyen, um den damaligen Machthaber Gaddafi zu stürzen, hat das Land in bodenloses Chaos gestürzt. Nur so war es überhaupt möglich, dass dschihadistische Banden und Milizen im Land ihr Unwesen treiben konnten. Infrastrukturen wie staatliche Institutionen wurden zerstört – katastrophale Voraussetzungen also, um mit einer Jahrhundertflut zurechtzukommen.

Von der Bundesregierung erwarte ich daher nicht nur, dass sie die notwendigen Soforthilfen leistet, sondern auch einen entscheidenden Beitrag dazu, die Lebensbedingungen in Libyen langfristig zu sichern.

(Beifall bei der LINKEN)

Das heißt zum Beispiel Hilfsleistungen für erdbebensicheres Bauen und bessere Unterstützung für Maßnahmen zur Sicherung von Dämmen. Es geht jetzt darum, dass internationale Hilfsgelder dort ankommen müssen, wo sie wirklich gebraucht werden. Die Arbeit in Konfliktgebieten erfordert eine flexible Finanzierung und schnelle Reaktionsstrukturen. Wenn es um Hilfe geht, dann muss humanitäres Handeln unabhängig von politischen Interessen sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Bisher haben die deutsche Bundesregierung und die EU vor allem in die Unterstützung und Ausbildung der sogenannten libyschen Küstenwache investiert und in Flüchtlingslager, in denen die Menschen unter menschenunwürdigen Bedingungen leben müssen; medico international spricht sogar von „Folterlagern“. Mehr als zwei Jahre nach der letzten Berliner Libyen-Konferenz ist die Lage der Menschen vor Ort unverändert grauenvoll. Insbesondere für all die Flüchtlinge, zumeist aus Subsahara-Afrika, sind die Lebensbedingungen katastrophal. Verschleppung, Versklavung, Folter in den Gefängnissen und völkerrechtswidrige Pushbacks durch die libysche Küstenwache werden vom Westen und der Bundesregierung hingenommen, wenn nicht sogar gefördert. Das darf so nicht weitergehen.

(Beifall bei der LINKEN)

All das ist mit der angeblich wertebasierten Außenpolitik, die Annalena Baerbock immer wieder heraufbeschwört, nun mal nicht vereinbar. Diese Flüchtlingspolitik als „regelbasiert“ zu bezeichnen, ist mehr als zynisch; denn in genau diesen Lagern wird Völkerrecht täglich gebrochen. Auch das ist und bleibt vollkommen inakzeptabel.

(Beifall bei der LINKEN)

Was neben der Leistung von humanitärer Hilfe auch geschehen muss, ist, dass Deutschland endlich damit aufhört, einen Beitrag dazu zu leisten, dass humanitäre Krisen und Fluchtursachen überhaupt erst entstehen: durch die Beteiligung an NATO-Kriegen und die Lieferung von Rüstungsgütern in alle Welt. Die Bundesregierung tut leider nichts, um Fluchtursachen zu bekämpfen. Nein, sie leistet einen Beitrag dazu. Die Lage wird dadurch teilweise noch verschlimmert. Das ist leider die Wahrheit. Aber das muss sich ändern.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)