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Jahressteuergesetz 2009: Viel Unfertiges und wenig Sinnvolles

Rede von Barbara Höll,

Rede zu ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Jahressteuergesetzes 2009 (JStG 2009) - Drucksache 16/10189

Dr. Barbara Höll (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Angesichts des Wustes zum Jahressteuergesetz 2009 fragt man sich als Abgeordneter doch: Ist da wirklich jede Änderung notwendig? Zum Gesetzentwurf haben wir schon 13 Änderungsvorschläge, 24 Punkte haben wir zusätzlich für die öffentliche Anhörung, und der Presse kann man weitere Änderungswünsche entnehmen, zum Beispiel das Ansinnen der Union, nun die hauswirtschaftliche Dienstleistung, also Putzfrauen, Gärtner usw., für Gutverdienende noch stärker steuerlich zu subventionieren.

Sicher sind in dem Gesetzentwurf einige Punkte enthalten, über die es sich zu diskutieren lohnt. Mich bewegt am heutigen Tag, gerade nach der morgendlichen Debatte zur Finanzmarktkrise, die Frage: Wie wird das konkret umgesetzt in der Gesetzgebung? Herr Steinbrück hat heute früh gesagt, er wolle eigentlich, dass die Leerverkäufe verboten werden. Man könnte ja erwarten, dass im Jahressteuergesetz eine entsprechende Regelung enthalten ist, aber nein. Im Jahressteuergesetz finden wir eine Regelung, die das Gegenteil bewirkt: Jetzt sollen die Verluste aus Stillhaltergeschäften steuerlich begünstigt werden. Das bedeutet, Verrechnungen von bis zum Jahr 2009 nicht genutzten Verlusten aus Stillhaltergeschäften sollen weiter geltend gemacht werden können. Das ist ein weiterer Anreiz, spekulativ tätig zu sein; denn es wird nicht eingedämmt, sondern sogar noch steuerlich belohnt.

Gestern war in der Financial Times Deutschland zu lesen, dass das aktuelle Leerverkaufsverbot der BaFin seine Wirkung verfehle:
Im Grunde sei die Sperre „blödsinnig“, meinte ein anderer Händler, der bei diesem heiklen Thema anonym bleiben wollte. Man könne trotzdem Aktien leer verkaufen.

Dann wird man noch belohnt. Das kann doch keine Politik sein, die wir hier im Hause anstreben sollten!

Bereits mehrfach erwähnt wurde der Aspekt des Ehegattensplittings. Sie unternehmen einen zweiten Versuch, die negativen Auswirkungen des derzeitigen Ehegattensplittings meistens auf die Ehefrau, die in die Lohnsteuerklasse V geht und damit wesentlich höhere Steuern zahlen muss, abzumildern. Aber das ist doch nur ein Pseudoverfahren. Es ist nicht der einzige Kritikpunkt zum Ehegattensplitting.

Seien Sie endlich konsequent und nehmen Sie Ihre eigenen Forderungen wieder auf! Gerade die Kollegen aus der SPD waren jahrelang für die Abschaffung des Ehegattensplittings bzw. für dessen Umwandlung, und zwar so, wie wir es jetzt fordern, nämlich dass der nicht ausgeschöpfte steuerliche Grundfreibetrag auf den Partner oder die Partnerin übertragen werden kann. Dann haben wir eine gerechte Lösung. Es würden dann tatsächlich Steuermittel frei, die aufgewendet werden können, um das Kindergeld endlich in einem ersten Schritt auf 200 Euro und perspektivisch auf mindestens 250 Euro anzuheben.

Ich möchte noch die von Ihnen angestrebte mögliche Verlagerung der Buchführung ins Ausland ansprechen. Letztendlich wollen Sie damit etwas legalisieren, was bisher im rechtlichen Graubereich schon gemacht wird. Dieses Politikverständnis kann ich nicht nachvollziehen. Bisher ist die Buchführung im Ausland aus gutem Grunde nicht erlaubt. Denn es muss sichergestellt sein, dass die Finanzverwaltung jederzeit einen Zugriff auf die entsprechenden Unterlagen hat. Aber in dem Moment, in dem die Buchführung - auch unter gewissen Bedingungen - ins Ausland verlagert werden kann, wird dieses Recht natürlich eingeschränkt. In diesem Zusammenhang sind wirklich eine ganze Reihe von Fragen zu klären.

Lassen Sie mich noch einige Worte zum Schulgeld verlieren. Man kann daraus leicht ein ideologisches Thema machen. Aber es ist ein ganz irdisches Thema. Warum gibt es zum Teil diesen Run auf Privatschulen? Weil das öffentliche Schulwesen immer mehr unter den Finanzmängeln zu leiden hat. Das ist ein Ergebnis auch der Finanzpolitik der Großen Koalition. Denn: Wenn es weniger Steuereinnahmen gibt, ist weniger Geld für Bildung vorhanden. Das ist die Situation, vor der wir stehen.

Die öffentlichen Schulen haben weniger Angebote, was Sprachausbildung und Spezialisierung betrifft. Es gibt vielfach die Kritik, dass der Schlüssel Lehrer/Schüler nicht ausreichend ist. Deshalb suchen viele Eltern andere Möglichkeiten. Die Lösung sollte aber darin bestehen, dass das öffentliche Schulwesen gestärkt wird.

Ich verstehe nicht, warum man nicht auf alle Fälle, die mit dem Schulgeld vergleichbar sind, eingeht. Es gibt heute Bundesländer, in denen die Ausbildung für bestimmte Berufe nur noch von privaten Trägern für viel Geld angeboten wird. Die anfallenden Kosten kann man aber nicht absetzen. Schauen Sie einmal nach Sachsen-Anhalt! Die Regelungen für das Schulgeld müsste man konsequenterweise auf diejenigen Kosten ausweiten, die bis zum ersten Berufsabschluss fällig werden. Prinzipiell denke ich aber, dass es nicht notwendig ist, eine steuerliche Förderung in diesem Maße aufrechtzuerhalten.

Ich danke Ihnen.