Rede vor dem Plenum des Deutschen Bundestages am 29. März 2007 zu den Rechten der Indigenen Völker anlässlich der Vorlage eines Antrages der Grünen zur Ratifizierung der Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über Indigene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Staaten (Bundestagsdrucksache 16 / 1971) wurde zu Protokoll gegeben.
Meine Damen und Herren,Zu den indigenen Völkern zählen weltweit rund 300 Millionen Menschen. Sie gehören in vielen Ländern zu denjenigen, die am meisten unter Unterdrückung und Ausgrenzung zu leiden haben. Im Zentrum der Konflikte mit Regierungen und internationalen Unternehmen steht das Recht der Indigenen auf ihr eigenes Land.
In Sibirien werden Rentierhirten von Ölfirmen aus ihrem Land vertrieben. In Botswana sollte das Buschvolk der San aus der Zentralkalahari verschwinden, damit für die Tourismusindustrie ein Naturreservat ohne Menschen entstehen kann.
Der zuständige UN-Sonderberichterstatter Stavenhagen merkte dazu heute in einer Pressekonferenz bitter an, dass „in manchen Ländern Wildtiere mehr Rechte genießen, als die dort lebenden indigenen Völker“.
Das 1989 beschlossene Übereinkommen 169 der IAO über die Rechte der Indigenen legt deshalb in Artikel 15 fest, dass die betreffenden Völker an der Nutzung, Bewirtschaftung und Erhaltung der natürlichen Ressourcen zu beteiligen sind. In Artikel 16 heißt es, dass „die betreffenden Völker aus dem von ihnen besiedelten Land nicht ausgesiedelt werden dürfen.“
Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass die Regierungsparteien einer Ratifizierung dieses Übereinkommens zustimmen. Doch trotz der intensiven Bemühungen meines Kollegen Hoppe, der nun schon seit 2002 eine Vielzahl von Gesprächen mit Vertretern der zuständigen Ministerien geführt hat, stemmen sich SPD und Union mit aller Macht dagegen.
Federführend ist hier das Wirtschaftsministerium. Offenkundig will Herr Glos, dass deutsche Firmen auch in Zukunft überall auf der Welt ungeachtet der Menschenrechte indigener Völker ihre Geschäftsinteressen wahren können. Ich nenne an dieser Stelle nur die 2003 fertig gestellte Ölpipeline in Ecuador, die von der West LB finanziert wurde. Für dieses Projekt wurden die in der Region heimischen Indianer mit Waffengewalt vertrieben.
Dieses Beispiel zeigt aber auch, dass das IAO-Übereinkommen 169 allein keine Gewähr für die Durchsetzung der Rechte der Indigenen bietet. Denn Ecuador hat das Übereinkommen ratifiziert. Doch die Ratifizierung durch die Bundesrepublik würde unweigerlich die Frage aufwerfen, ob die Rechte der Indigenen nicht auch in den Vergaberichtlinien etwa bei der Erteilung von Hermes-Bürgschaften eine Rolle spielen sollten. Oder bei der Kreditvergabe einer landeseigenen Bank wie der West LB.
Wir, DIE LINKE, unterstützen deshalb den Antrag der Grünen ohne Wenn und Aber. Dies ist auch ein Signal der Solidarität gegenüber den Aktivisten der indigenen Völker, die aktuell in Guatemala ihren dritten amerikanischen Kontinentalgipfel abhalten. Dass ihr Widerstand Erfolg haben kann, bewiesen die San im afrikanischen Botswana. Deren jahrelanger Kampf hat dazu geführt, dass ein Gericht nun ihre Vertreibung aus der Kalahari für illegal erklärt hat!
Meine Damen und Herren,
Lassen Sie mich noch eines anfügen. Das Verhalten der großen Kolonialmächte gegenüber den indigenen Völkern war schon immer besonders schändlich. Um nur ein Beispiel zu nennen, das noch immer aktuell ist: Nach dem Erwerb der Insel Diego Garcia im Indischen Ozean in den sechziger Jahren hat Großbritannien das dort lebende Volk zwangsdeportiert. Nicht im Interesse von Öl-Multis. Sondern, um die Insel dem US-amerikanischen Militär zu verpachten. So konnten von dort aus 1991 und 2003 die Bomber starten, um Hunderttausende im Irak zu morden.
Die einstigen Inselbewohner sind heute Bürger der EU. Doch ihr Zwangsexil dauert an. Es stünde der deutschen Ratspräsidentschaft gut zu Gesicht, ihr Schicksal endlich zu einem Thema in der EU zu erklären.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.