Zum Hauptinhalt springen

Georgien und Moldau dürfen nicht als »sichere Herkunftsstaaten« eingestuft werden!

Rede von Clara Bünger,

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf den Tribünen! Max Lucks von den Grünen hat im Juni hier im Plenum mit Blick auf Georgien auf die systematische Gewalt gegen LGBTIQ-Menschen hingewiesen sowie darauf, dass es für diese Gruppe keinen staatlichen Schutz gibt. Das habe ich damals unterstützt. Umso dramatischer ist es, dass heute, ziemlich genau vier Monate später, sogar die Grünen die Einstufung Georgiens als sicherer Herkunftsstaat mittragen. Das ist selbst für die Grünen eine sehr schnelle Kehrtwende.

(Sebastian Hartmann [SPD]: Für Sahra Wagenknecht ist das zu harmlos! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mal Sahra Wagenknecht gefragt?)

In Moldau werden Roma systematisch diskriminiert. In Georgien hat sich die Situation queerer Menschen zuletzt deutlich verschlechtert. Belgien hat daraus Konsequenzen gezogen und Georgien im Frühjahr von der Liste sicherer Herkunftsstaaten gestrichen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Übrigens: In beiden Ländern sind Teile des Staatsgebiets von russischen Truppen besetzt.

Das Bundesverfassungsgericht hat 1996 entschieden, dass Länder nur dann als sicher eingestuft werden dürfen, wenn in allen Landesteilen alle Bevölkerungsgruppen vor Verfolgung sicher sind. Das trifft weder auf Georgien noch auf Moldau zu.

Als Linke werden wir den Gesetzentwurf selbstverständlich ablehnen; denn wir lehnen das Konzept sicherer Herkunftsstaaten als ein Asylrecht zweiter Klasse generell ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Es handelt sich vielmehr um ein Instrument der Entrechtung, wie ich Ihnen anhand von drei Beispielen deutlich machen möchte:

Erstens. Für Asylsuchende aus vermeintlich sicheren Staaten gelten unbegrenzte Arbeitsverbote, und sie müssen über den Abschluss des Asylverfahrens hinaus in Aufnahmeeinrichtungen leben. Dort sind sie von der Gesellschaft isoliert und ausgegrenzt.

Zweitens. Ihre Asylanträge werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Das hat zur Folge, dass sich die Klagefrist auf eine Woche verkürzt. Außerdem hat die Klage keine aufschiebende Wirkung. Die Betreffenden können also abgeschoben werden, noch bevor ein Gericht in Ruhe über ihre Klage entscheiden konnte. Frau Polat – Sie haben hier vorhin gesprochen –, ich kann mir nicht vorstellen, dass die Grünen das wirklich mittragen. Das ist wirklich ein Unding und ein Mangel an Rechtsstaatlichkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Drittens. Hinzu kommt, dass Asylsuchende aus vermeintlich sicheren Herkunftsstaaten von vornherein als Menschen ohne Asylgrund stigmatisiert werden. Eine unvoreingenommene Prüfung der Asylgründe kann so gar nicht mehr richtig stattfinden. Ich möchte darauf aufmerksam machen – Herr Özdemir hat es gesagt –, dass 2023 weniger als 10 000 Menschen aus den beiden Ländern gekommen sind. Und Sie wollen uns das hier wirklich als eine Entlastung für die Kommunen verkaufen?

(Beifall bei der LINKEN)

Also, das ist wirklich eine Verarschung! Hören Sie endlich auf das, was viele Organisationen wie Amnesty International und Pro Asyl sagen.

Ziehen Sie diesen Gesetzentwurf zurück! Halten Sie sich an Menschenrechte!

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)