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Für fairen Wettewerb im Verkehrssektor

Rede von Thomas Lutze,

Thomas Lutze (DIE LINKE):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bund unterstützt den Eisenbahnverkehr in einem erheblichen Umfang. Neben den Regionalisierungsmitteln sind das vor allen Dingen Investitionen in die Infrastruktur. Als Linke fordern wir dennoch mehr finanzielle Unterstützung für den Bahnverkehr. Wir sind gegen milliardenteure Prestigeprojekte, falls die Frage auftauchen sollte, woher das Geld denn kommen soll.
(Beifall bei der LINKEN)
Aber auch andere Entscheidungen der Bundesregierung sind wenig sinnvoll. Es wird immer wieder gesagt, die Bahn sei zu teuer. Von vielen Bürgerinnen und Bürgern wird das auch so wahrgenommen. Doch anstatt der Bahn stärker unter die Arme zu greifen, verursacht der Gesetzgeber die hohen Preise zum Teil selbst.
Erstes Beispiel: Was hat Deutschland mit Bulgarien, Estland, Litauen, Ungarn, Rumänien und der Slowakei gemeinsam? - Den vollen Mehrwertsteuersatz auf Fernverkehrstickets. In allen anderen EU-Staaten sind diese Fahrkarten entweder steuerfrei, zum Beispiel in Großbritannien, oder mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz belegt, zum Beispiel in Frankreich. Ändern Sie das, und die Fahrkarten werden direkt um mindestens 12 Prozent günstiger.
(Beifall bei der LINKEN)
Zweites Beispiel: Die direkte Konkurrenz der Bahn ist der Flugverkehr. Das gilt zumindest, wenn man den innerdeutschen Flugverkehr betrachtet. Doch während die Eisenbahn Ökosteuer zahlen muss, ist Flugbenzin nach wie vor steuerfrei.
(Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): Unglaublich!)
Was hat das mit Wettbewerbsgleichheit zu tun? Beklagen Sie bitte nicht, dass die Bahn zu teuer ist. Sie subventionieren die Mitbewerber und halten die Bahnfahrkarten mit der Mehrwertsteuer und der Ökosteuer künstlich teuer.
Noch ein schönes Beispiel: Die Bundesregierung plant, die Einschränkungen beim Fernbusverkehr abzuschaffen. Hauptargument sind hierbei die Verbraucher, die nun ein preiswerteres Angebot im Vergleich zur Bahn erhalten sollen. Dass die Busse ohne Maut über die Autobahn fahren dürfen, ist hierbei selbstverständlich. Dass für den Bahnverkehr auf der Schiene aber Trassengebühren und Gebühren für jeden Halt in einem Bahnhof abgedrückt werden muss, weiß kaum jemand. Was hat es also mit Chancengleichheit im Wettbewerb zu tun, wenn das eine Verkehrsmittel eine Maut zahlen muss und das andere nicht?
(Beifall bei der LINKEN)
Und noch ein Beispiel: Die Bahn und damit der Bund investiert Millionenbeträge, damit Züge und Bahnhöfe barrierefrei gestaltet werden können. Das ist auch gut so. Ich frage Sie, Herr Ramsauer: Müssen ab 1. Januar 2012 auch alle Fernbusse behindertengerecht ausgestattet werden? Bisher nicht. Das ist aber keine freiwillige Leistung. Es ist geltendes Recht, resultierend aus der Ratifizierung einer UN-Konvention. Wenn Sie bei der Liberalisierung des Fernbusverkehrs diesen Faktor außen vor lassen, verstoßen Sie nicht nur gegen geltendes Recht, sondern behandeln auch hier die einzelnen Verkehrsträger ungleich.
(Beifall bei der LINKEN Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Unglaublich! Patrick Döring (FDP): Was schon im Gesetz steht, muss man nicht noch in andere Gesetze schreiben!)
Herr Döring, dann sorgen Sie einfach dafür, dass ab 1. Januar 2012 die Busse behindertengerecht ausgestattet sind. Sie werden nicht einen Bus finden, der das ist.
(Patrick Döring (FDP): Wenn das geltendes Recht ist, wird es so sein!)
Ich sage Ihnen: Sie werden kein Busunternehmen finden, das seine Fernverkehrsbusse freiwillig so ausstattet, dass sie behindertengerecht sind. Das kostet richtig Geld und wird nur dann gemacht, wenn sie dazu verpflichtet werden.
Wenn für diese Busse auch noch eine Autobahntrassengebühr bezahlt werden müsste, wären die Tickets fast genauso teuer wie bei der Bahn.
Die sehr unterschiedlichen Tarifregelungen für die Angestellten der Bahn und die Angestellten der Busunternehmen sind hier ein weiteres Thema.
Vergleichbares in Ihrer Politik gibt es beim Güterverkehr. Der Kollege von den Grünen hat es bereits angesprochen. Anstatt hier für die Verlagerung von der Straße auf die Schiene zu sorgen, will die Bundesregierung sogar die Gigaliner zulassen.
(Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): Unglaublich! Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Pfui! Patrick Döring (FDP): Erproben!)
Sie werden sich trotz unserer Kritik nicht von diesen Projekten, die ich gerade aufgezählt habe, abhalten lassen.
(Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): Doch, doch! Dafür sorgen wir!)
Aber man kann Ihnen dann vorwerfen, dass ein fairer marktwirtschaftlicher Wettbewerb zwischen den Verkehrsträgern für Sie ein Fremdwort ist.
Als die Linke sagen wir sehr deutlich: Wir wollen eine leistungsfähige, flächendeckende und vor allen Dingen auch preisgünstige Bahn. Und überall da, wo keine Schienen vorhanden sind oder dies betriebswirtschaftlich nun gar nicht funktionieren sollte, können wir gerne Busse einsetzen. Dafür brauchen Sie die Gesetze nicht zu ändern. Das geht heute schon.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)