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Für eine konsequente Anwendung des Völkerstrafrechts!

Rede von Clara Bünger,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Buschmann! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nicht nur als Juristin, sondern auch als linke Politikerin begrüße ich das Ziel, das Völkerstrafrecht zu reformieren. Bestehende Lücken müssen endlich geschlossen werden. Dass der Opferschutz im Vordergrund steht, ist für uns als Linke besonders gut und wichtig.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Besonders positiv ist, dass Änderungen im Völkerstrafgesetzbuch bei sexualisierter und reproduktiver Gewalt vorgenommen wurden. Das ist überfällig; denn Vergewaltigungen bzw. sexualisierte Gewalt werden schon lange als Kriegswaffe eingesetzt. Der Entwurf erweitert die Opferrechte, und das ist gut so.

(Beifall der Abg. Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es besteht trotzdem Nachbesserungsbedarf, wie bei der Einführung des Regelbeispiels bei der gemeinschaftlichen Nebenklagevertretung in § 397b StPO. Das sollte nicht kommen, so wie es jetzt vorgeschlagen wurde, Herr Buschmann; denn die Wahl eines anwaltlichen Beistands muss für jeden Einzelnen gewährleistet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Interessensgleichheit allein wegen des gleichen zugrunde liegenden Lebenssachverhalts anzunehmen, ist sachfremd und aus unserer Sicht gefährlich. Damit setzt man alle Opfer gleich, obwohl das nicht der Realität entspricht. So werden beispielsweise im Verfahren vor dem OLG Koblenz wegen Staatsfolter in Syrien sämtlichen Verletzten gleiche Interessen unterstellt, und das, obwohl es um eine Vielzahl individueller Opferschicksale geht, wie Verschleppung, Folterhaft und sexualisierte Gewalt, und zwar in einem Tatzeitraum von mehr als 16 Monaten in einem überfüllten Foltergefängnis in Syrien. Eine gute, individuelle Vertretung der Opfer wäre so nicht möglich.

Der GBA ermittelt derzeit zu Syrien und der Ukraine. Das ist gut und wichtig. Aber, Herr Buschmann, wenn Sie sagen: „Kein Kriegsverbrecher darf sicher sein“, dann sollten Sie bei Völkerstraftaten in anderen Regionen, etwa Kriegsverbrechen in Belarus, Afghanistan oder Nordsyrien, dafür sorgen, dass da auch etwas passiert.

(Beifall bei der LINKEN)

Es darf keine selektiven Ermittlungen im Völkerstrafrecht geben. Sonst muss man sich zu Recht vorhalten lassen, dass es Doppelstandards im Kampf gegen Straflosigkeit von Kriegsverbrechen gibt. Und das würde der Glaubwürdigkeit der internationalen und nationalen Strafjustiz schaden.

Die derzeitige Fassung des § 153f StPO bedarf aus unserer Sicht, aber auch aus Sicht von Organisationen wie dem ECCHR daher dringend einer Änderung. Durch die Ausgestaltung als Ermessensvorschrift können Einstellungen gerichtlich nicht überprüft werden. Sie birgt daher die Gefahr einer faktischen Aushebelung des Weltrechtsprinzips. Diese eklatante Rechtsschutzlücke muss dringend geschlossen werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)