Zum Hauptinhalt springen

Für ein stärkeres friedenspolitisches Engagement im Sudan

Rede von Norman Paech,

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Seit Jahren reden wir an diesem Ort darüber, wie wir dem zerrissenen und verwüsteten Land Sudan eine friedliche und sichere Zukunft garantieren können. Das Ergebnis ist immer das Gleiche: Es wird der Einsatz des Militärs gefordert. Die Mandate werden verlängert, und jetzt wird sogar der größte Militäreinsatz der UNO überhaupt vorbereitet.

Sie meinen immer noch, dass das der richtige Weg ist. Wir sagen Ihnen aber: Das ist ein Scheitern der Politik und wird die Situation im Sudan nicht verbessern;

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

denn der Schutz von Menschen durch das Militär kann, wenn das überhaupt möglich ist, immer nur von kurzer Dauer sein. Langfristig führt der Einsatz von Militär immer nur zu Destabilisierung, zu Zerstörung der sozialen Strukturen und zu immer mehr Gewalt und weiteren Toten.

Sie beteuern dann immer wieder, dass es politischer und ziviler Kräfte zur Lösung dieses Konfliktes bedarf. Wo sind sie? Außer den zahllosen humanitären Organisationen, die die äußerste Not zu bekämpfen versuchen, sehe ich keine weiteren Kräfte. Es gibt keinen zivilen Einsatz, der dem Aufwand des Militärs in irgendeiner Weise vergleichbar ist.

Sie berufen sich auf den Friedensvertrag von 2005, der unter starkem Druck der USA geschlossen wurde und deren Einhaltung die UNMIS nun zu überwachen und zu sichern hat. Wir können doch nicht übersehen, dass durch diesen Vertrag die Abspaltung des Südens vom Norden faktisch vorbereitet wird. Die jüngsten Spannungen, die erneute Eskalation der Gewalt und auch die Blockade des Friedensprozesses sind doch gerade Ergebnisse dieses verfehlten Vertrages.

Die wiederaufkeimende Gewalt kann durch UNMIS zwar zeitweilig unterdrückt, aber nie dauerhaft beseitigt werden. UNMIS wird vielmehr - das befürchten wir - zu einer Partei im Sezessionskonflikt, in dem es schließlich um eine heftige Konkurrenz mit China um die Ölressourcen im Süden dieses Landes gehen wird.
Deswegen können wir diesen Konflikt nicht isoliert und als internes Problem des Sudans sehen. Warum haben die USA nämlich ein neues afrikanisches Militärkommando - AFRICOM genannt - gegründet, welches alle militärischen Aktivitäten vom Horn von Afrika bis zum Golf von Guinea koordinieren soll? Das geschah doch nicht, um dort Frieden herzustellen und Menschenrechte zu sichern. Machen wir uns doch nichts vor: In der ganzen Region geht es um strategische Rohstoffinteressen.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Sudans Nachbar Äthiopien - das dürfen wir nicht vergessen - hat seinen Nachbarn Somalia mit Unterstützung der USA - man kann sogar sagen: auf Anregung - überfallen und bietet sich jetzt als Standort für AFRICOM an. So legitim Rohstoffinteressen auch sind: Das Militär hat sich da herauszuhalten.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Damit komme ich zum zweiten Mandat, zur neuen Mission UNAMID für das verwüstete Darfur. Es mag Ihr Gewissen und das Gewissen vieler beruhigen, mit diesem Mandat wieder etwas getan zu haben. Ich sage Ihnen aber voraus: Auch dieses gewaltige Militärkontingent wird an der desolaten Situation substanziell nichts ändern. Blicken Sie doch einmal in den Kongo.

Es ist schon lange kein Krieg der Rebellen von Darfur gegen die Zentralregierung in Khartoum mehr. Die Zahl der Rebellengruppen ist unübersehbar geworden. Sie kämpfen allmählich gegeneinander. Der Friedensvertrag von Abuja ist vollkommen unzureichend, und die Konferenz in Libyen ist ergebnislos geblieben.

Warum? Die wichtigsten Rebellengruppen nahmen daran gar nicht mehr teil. Stattdessen haben sie sich zusammengefunden, um die Unabhängigkeit Darfurs vom Sudan zu planen. Das ist unsere Sorge: Wir befürchten die Trennung Darfurs vom Sudan unter dem Schutz der UNO-Truppen, selbst dann, wenn sie dies niemals gewollt haben.

Was fehlt und was die Linke fordert, ist ein umfassendes politisches Konzept zur Unterstützung des Friedensprozesses. Wir fordern die Aufnahme von neuen Friedensverhandlungen und ein umfassendes Programm für den Wiederaufbau dieser Region.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Nur so kann die Einheit des Landes gewahrt werden.
Wenn Sie alle Mittel, die Sie nun wieder in ein militärisches Mandat stecken, für ein großes ziviles Friedens- und Wiederaufbauprogramm bereitstellten, hätten Sie unsere ungeteilte Zustimmung; denn uns trennt doch nicht die Sorge um die Menschenrechte und das kriegszerrissene Land,

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

sondern die Mittel, mit denen Sie jetzt diesem Land und den dort lebenden Menschen zu Leibe rücken. Dafür bekommen Sie die Zustimmung der Linken nicht.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))