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Finanzumsatzsteuer auf EU-Ebene einführen: Rede zum Antrag der Grünen

Rede von Axel Troost,

Wer in die Wirtschaftspresse schaut, findet dort regelmäßig Werbung für Derivate. Derivate sind Geschäfte mit den Schwankungen anderer Wertpapiere und Güter. Krise hin oder her, der kurzfristige und exzessive Handel ist keineswegs verschwunden. Man kann ja auch auf fallende Kurse wetten. Diese und andere Finanzgeschäfte unterliegen bislang keinerlei Besteuerung. Eine Steuer würde den Handel entschleunigen und zugleich Einnahmen generieren. DIE LINKE. hat im letzten September einen Entschließungsantrag eingebracht, indem sie eine Finanztransaktionsteuer - mit anderen Worten: Finanzumsatzsteuer - fordert. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und andere sind dafür. Die SPD lehnt ab. Warum? Das frage ich mich auch. Die SPD - im Finanzausschuss über ihre Genossin Nina Hauer - versucht einige Gründe anzuführen, die ich hier widerlegen werde.

Die SPD hält es für schwierig, die zu versteuernden Finanztransaktionen einzugrenzen. Dabei entfällt die Steuer schlichtweg auf alle Arten von Wertpapier- und Devisenumsätzen: a) alle börslichen Umsätze, b) alle außerbörslichen Umsätze und c) alle Devisenumsätze. Genau so, wie das österreichische Institut für Wirtschaftsforschung es vorgeschlagen hat. Wenn Sie noch eine Lücke finden, dann schließen Sie die doch. Und alle anderen Steuerschlupflöcher gleich mit. Jede Finanztransaktion wird elektronisch dokumentiert, damit Banken nachweisen können, wer welche Zahlung in welcher Höhe vorgenommen hat.

Weiter bezweifelt die SPD, dass eine Steuer von 0,01 Prozent eine Lenkungswirkung entfalten- also entschleunigend wirken kann. Auch dies hat das österreichische Institut für Wirtschaftsforschung detailliert berechnet. Der Steuersatz von 0,01 Prozent ist nichts anderes als ein Beispiel. Ein solcher Bagatell-Steuersatz ist geeignet, wenn man die Steuer zunächst national einführt. Damit kann vermieden werden, dass sich der Handel bloß verlagert. Da die Steuer bei jeder Transaktion anfällt, verteuert und verlangsamt bereits ein geringer Steuersatz den kurzfristigen Handel. Wird, was natürlich die bessere Lösung ist, der Steuer europäisch eingeführt, lässt sich der Steuersatz gut und gerne hochsetzen. Die SPD ist doch sonst nicht so unflexibel im Anpassen von Steuersätzen.

Dann hat die SPD noch ein Problem mit der Gerechtigkeit: Es werde der Bedeutung des Finanzplatzes Deutschland nicht gerecht, die Einnahmen auf EU-Ebene durch die Mitgliedsländer zu teilen. Erst einmal bleibt ein Teil der Einnahmen in dem Land, wo die Steuer erhoben wird. Zweitens scheint die SPD mittlerweile ein Gerechtigkeitsempfinden zu haben, dass jegliches Prinzip von Progression vergisst: Demnach hält die SPD es nicht für gerecht, dass wer mehr hat, einen höheren Anteil zum Gemeinwesen beiträgt. Drittens - und das ist sehr wichtig, wenn wir die Steuer nicht verwässern wollen - sind internationale Steuern für internationale Aufgaben da. Eine internationale Finanztransaktionsteuer muss in erster Linie zur Entwicklungsfinanzierung in den Ländern des Südens beitragen.

Wir stimmen dem Antrag der Grünen zu. Wir haben die Steuer selbst letztes Jahr im September vorgeschlagen. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich international für die Finanzumsatzsteuer einzusetzen.