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FDP-Antrag zur EU-Mittelmeerpolitik ist nicht mehr aktuell

Rede von Monika Knoche,

Rede zu Protokoll

Sehr geehrte Herren und Damen

Die FDP legt heute einen Antrag vor, den wir interessant finden. Es ist aus unserer Sicht durchaus als ein Verdienst der Freidemokraten anzusehen, dass sie die - wenn Sie mir gestatten, das so auszudrücken - sich von der, auf Osteuropafixierung reduzierte deutsche Europapolitik, nunmehr lösen und auf den südlichen Mittelmeerraum weiten wollen.

Geschichtlich ist es natürlich verständlich, wenn nach dem Fall der Systemgrenze zwischen Ost und West gerade Deutschland seine Ostpolitik herausstellt. Dennoch: Den Süd-Mittelmeer-Raum kann man deshalb schon nicht zum alleinigen politischen Aktionsraum der südeuropäischen Staaten machen, weil es eine „Aufgabenteilung“ nicht geben kann. Wenngleich die Südstaaten stark von den Flüchtlingsströmen aus Nordafrika betroffen sind und damit die direkteste Beziehungen zu den neuen Herausforderungen haben, denen sich Europa in migrationspolitischen Hinsichten hinzuwenden hat, um eben nicht zur Festung Europa zu degenerieren. Schon die Flüchtlingsströme aus Albanien nach Italien haben Europa vor Jahren vor Augen geführt, dass die Transformationsprozesse in den Herkunftsgesellschaften der MigrantInnen mehr Bezug zu deutscher respektiver europäischer Außen- und zum Teil Kriegspolitik aufweisen, als das gemeinhin wahrgenommen wird.

In Ihrem Antragen, meine Herren und Damen von der FDP, er ist datiert vom 8.3.2006, konnten Sie die Libanon-Israel-Kriegsfrage genauso wenig voraussehen, wie die unerträgliche Repression Israels im Gazastreifen und die gravierenden Konflikte, die jetzt zwischen Hamas und Fatah gewaltförmig ausgetragen werden.

Dass im südlichen Mittelmeer deutsche Marine kreuzt unter einem Kap. VII Mandat, das hat Ihre Zustimmung nicht gefunden. Das erkennen wir als LINKE an. Sie werden es mir daher nicht verübeln, wenn ich sage, dass irgendwie doch schon zu viel Zeit drüber vergangen ist, um den Antrag noch als wirklich aktuell anzusehen. Das tut der damit verfolgten Intention jedoch keinen Abbruch, sondern verweist vielmehr auf die jetzt anstehenden Ausschussberatungen.

Die FDP legt großen Wert auf den Aufbau und die Stärkung der Zivilgesellschaften im südlichen und östlichen Mittelmeerraum. Ich sage: Vergessen Sie dabei die Frauen nicht! Die politischen Bedrängungen und die religiösen Pressuren, denen Frauen zunehmend ausgesetzt sind, stellen im Ergebnis auch ein Hindernis im Zugang zu Wissen und Bildung dar. Diese jedoch stellen Sie zu Recht ins Zentrum Ihrer Bemühungen.

Wir LINKEN. bereiten gerade eine Fraktionsfrauenreise in den Nahen Osten vor, um die Stellung und unsere Protektion für Friedensfrauen im gesamten Nahen Osten herauszustellen. Wie sehr gerade der Libanon-Krieg wieder mal Frauen in die Rolle der Opfer verweist, die zugleich die Wunden eines nicht verschuldenden Krieges heilen müssen, wird ein Thema sein. Die daraus gewonnen Ergebnisse unserer Reise möchten wir gerne in die Ausschussberatungen einfließen lassen.

Vielleicht kommen wir gemeinsam zu dem Ergebnis, dass - wie sie vorschlagen - für good governence direkt Fördermittel an NGO-Frauen weiterzuleiten geeignet ist, die Ziele effektiv zu erreichen, die die europäische Nachbarschaftspolitik benennt.

Darüber hinaus halte ich es aber für erforderlich, auch in diesem Rahmen darauf hinzuwirken, dass eine Nahost-Konferenz wie wir LINKE sie vorschlagen und deren Sitz in Berlin sein soll, unbedingt NGOs und Frauen als Repräsentantinnen der Zivilgesellschaft am Friedensprozess beteiligt sein müssen.

Weniger Sympathie hingegen haben wir für Ihre Position, die vorliegenden Programme der Nato und G8 weiter zu entwickeln. Sie erscheinen uns zu einseitig eine US-amerikanisch protegierte und die undifferenzierte pro Israelregierungsmeinung auszudrücken, die die Sache Palästinas „fallen“ lässt. Es ist anzuerkennen, dass Sie die zwei Staatenlösung in Ihren Antrag hervorheben. Wenn Sie diese jedoch mit der Nato und G8- Strategie zusammenbringen, bringt es jedenfalls einen gewissen Widerspruch hervor. Ich sehe also den Ausschussberatungen entgegen.