Erklärung nach § 31 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages des Abgeordneten Jens Petermann (DIE LINKE) zur Abstimmung TOP 7 Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolution 1386 (2001) und
folgender Resolutionen, zuletzt Resolution 2011 (2011) vom 12.
Oktober 2011 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen
(Drucksache 17/ 8166 und 17/ 8393)
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich stimme der Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung unter anderem deswegen nicht zu, weil Krieg das falsche Mittel ist, um Hunger und Elend von Millionen Afghaninnen und Afghanen zu verhindern, sondern im
Gegenteil diese weiter befördert. Das Überleben von über drei Millionen Menschen hängt auch weiterhin von ausländischen Nahrungsmittelhilfslieferungen ab. Die Getreideernte im Land reicht nicht aus, die Bevölkerung zu ernähren. Es wird auf immer mehr landwirtschaftlichen Flächen Mohnanbau betrieben, die somit für den Getreideanbau fehlen. Ein Großteil der Bevölkerung hungert. Laut Oxfam sind in dem Land ein Drittel der
Kinder unterernährt.
Darüber hinaus ist nach zehn Jahren Krieg und Besatzung in Afghanistan die soziale Situation der Bevölkerung fatal: In Bezug auf die Gesundheitsversorgung liegt Afghanistan beim Human Development Index weit abgeschlagen an letzter Stelle. Seit 2005 konstatieren in repräsentativen Umfragen die Afghaninnen und Afghanen eine kontinuierliche Degradierung ihrer sozialen Situation. 2007 hatten nur 5 % der Afghanen „Zugang zu gesundheitlich akzeptabler Sanitärversorgung“; 2011 liegt diese Zahl bei ganzen 7,5 %! (Zahlen der Bundesregierung, 2011). Die durchschnittliche Lebenserwartung stagniert seit Jahren bei 43 Jahren. Die Hälfte der Männer und über 90% der Frauen sind Analphabeten. Kinder und Jugendliche besuchen durchschnittlich 3,3 Jahre lang die Schule. Die afghanische Gesellschaft verfällt weiter: „Die Zahl der Drogensüchtigen in Afghanistan nimmt weiter zu, und mit ihr die Ausbreitung von HIV und anderer Krankheiten“, so die Bundesregierung in ihrem „Fortschrittsbericht“.
Der Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan trägt nach alledem nicht zu einer Verbesserung der Lage der afghanischen Bevölkerung bei und ist deshalb abzulehnen.
Jens Petermann